Sammelteildruck Biologie, 4. Klasse, SEK I

29 Begegnungen mit der Natur 4, Schulbuch (ISBN: 978-3-209-12228-5) Die Geschichte der Menschheit Der aufrechte Gang – ein Kennzeichen des Menschen Während sich Orang-Utans, Gorillas und Schimpansen nur kurzzeitig aufrecht fortbewegen können, entwickelte sich beim Menschen der aufrechte Gang vollständig. Dabei veränderten sich über Millionen Jahre zahlreiche Körpermerkmale durch Mutationen, von denen sich die vorteilhaften durch natürliche Selektion durchsetzten. Ein wichtiger Schritt war die Verlagerung des Hinterhauptslochs von einer hinteren Position – wie bei Menschenaffen – nach vorn unter den Schädel. So konnte der Kopf besser auf der Wirbelsäule balancieren, was das aufrechte Stehen erleichterte. Diese Veränderung erfolgte allmählich: Individuen mit etwas weiter vorne liegendem Hinterhauptsloch hatten Vorteile, etwa beim Überblicken der Umgebung oder beim Tragen von Nahrung, und gaben diese Merkmale häufiger weiter. Der Körperbau veränderte sich deutlich Parallel dazu erhielt die Wirbelsäule eine doppelte S-Form, die das Körpergewicht über dem Körperschwerpunkt hält und Stöße beim Gehen abfedert ( Abb. 8). Das Becken wurde breiter und schalenförmig, um die inneren Organe im aufrechten Stand zu stützen. Verlängerte Beine ermöglichten größere Schritte und verringerten den Energieaufwand beim Gehen – ein Vorteil bei langen Strecken. Gleichzeitig verschob sich die Beinachse, sodass die Knie näher unter dem Körperschwerpunkt liegen. Das verbessert das Gleichgewicht und spart Muskelkraft . Die Füße entwickelten ein Gewölbe, das Stöße dämpft und Stabilität verleiht. Der große Zeh ist nun in die Zehenreihe eingebunden und unterstützt das kraftvolle Abrollen. Der Fuß wandelte sich damit vom Greif- zum Stand- und Gehorgan. Es gibt mehrere Hypothesen zur Entstehung des aufrechten Ganges Anthropologinnen und Anthropologen gehen davon aus, dass mehrere Ursachen zum aufrechten Gang führten. Als sich das Klima in Afrika veränderte und Wälder wichen, mussten sich die Affen häufiger am Boden fortbewegen. In der offenen Savanne bot der aufrechte Gang Vorteile: einen besseren Überblick über Feinde, freie Hände zum Sammeln und Tragen von Nahrung und eine verringerte die Sonneneinstrahlung auf den Körper. Gleichzeitig wurde weniger Wärme vom Boden aufgenommen und der Körper besser durch den Wind gekühlt. Zudem war das Gehen auf zwei Beinen kraftsparender: Beim aufrechten Gang tragen die Knochen das Gewicht, während beim Gehen auf allen Vieren viele Muskeln aktiv sein müssen. So konnten sich frühe Menschen mit weniger Energieaufwand über größere Distanzen bewegen. 8 Skelett des Schimpansen (links) im Vergleich mit dem des Menschen (rechts); Schema; Rot: Wirbelsäule, Blau: Körperachse mit Schwerpunkt Mutationen zufällige Veränderungen im Erbmaterial, die zu veränderten Merkmalen und Eigenschaften führen können Hinterhauptsloch Öffnung an der Schädelunterseite, durch die das Rückenmark verläuft Anthropologen/Anthropologinnen sind Wissenschafter bzw. Wissenschafterinnen, die die Evolution des Menschen erforschen 9 Erhöhte Sonneneinstrahlung als Ursache für die Entwicklung des aufrechten Ganges? Sonneneinstrahlung Wärmestrahlung kühlender Wind Obwohl der Mensch den aufrechten Gang entwickelt hat, ist das Skelett nicht perfekt dafür gebaut Wirbelsäulenverkrümmungen, Bandscheibenprobleme, Knie- oder Hüftgelenksverschleiß und Senkfüße zeigen, dass die dauerhafte Fortbewegung auf zwei Beinen auch Nachteile mit sich bringt. Der aufrechte Gang ist evolutionär relativ jung – Struktur und Funktion des Skeletts sind noch nicht optimal aufeinander abgestimmt. Kenn ich das? 25 Buch_Bio4.indb 25 12.11.2025 09:38:40 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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