30 Begegnungen mit der Natur 4, Schulbuch (ISBN: 978-3-209-12228-5) Die Evolution des Menschen Die menschliche Entwicklungslinie Mit dem Vergleich von Schädeln, Wirbelsäulen, Becken und Beinen verschiedener Menschenaffenarten lässt sich die schrittweise Entwicklung vom baumbewohnenden Primaten zum aufrecht gehenden Menschen nachvollziehen. Auch zahlreiche Fossilienfunde belegen diese Veränderungen im Körperbau und die Vorteile des aufrechten Ganges. Jede entdeckte Art zeigt typische Merkmale eines Entwicklungsschritts. Die ältesten Fossilien der menschlichen Entwicklungslinie sind etwa sieben Millionen Jahre alt. Vor etwa 7 Mio. Jahren trat der „Sahelmensch aus dem Tschad“ auf Der Sahelanthropus tschadensis („Sahelmensch aus dem Tschad“) wurde in Zentralafrika, im heutigen Tschad, entdeckt. Obwohl er noch einige affenartige Merkmale besitzt – wie ein vergleichsweise kleines Gehirn und relativ lange Arme, die zum Klettern in den Bäumen geeignet sind – zeigt sein Schädel bereits menschenähnliche Eigenschaften, etwa kleinere Eckzähne und ein eher flaches Gesicht. Ob Sahelanthropus bereits regelmäßig aufrecht ging, ist umstritten. Vor etwa 6 Mio. Jahren trat der „Urmensch aus Tugen“ auf Oberschenkelknochenreste, die man von Orrorin tugenensis („Urmensch aus Tugen“) gefunden hat, deuten darauf hin, dass Orrorin sich vielleicht schon überwiegend auf zwei Beinen fortbewegte – ein wichtiger Schritt in Richtung aufrechter Gang. Vor etwa 4,5 Mio. Jahren trat die „Wurzel der Bodenaffen“ auf „Ardipithecus ramidus“ („Wurzel der Bodenaffen“) zeigt sowohl Merkmale baumbewohnender als auch bodenlebender Primaten. Seine abgespreizten großen Zehen sind ein Hinweis darauf, dass er in der Lage war, sich gut in den Bäumen fortzubewegen. Die Lage des Hinterhauptloches sowie der Bau des Beckens und der Füße lassen jedoch darauf schließen, dass er sehr gut aufrecht stehen und laufen konnte. Hände und Handgelenke weisen darauf hin, dass er sich nicht im Knöchelgang fortbewegte. Die Zähne deuten darauf hin, dass Ardipithecus ein Allesfresser war. Seine Männchen hatten kleine Eckzähne, was auf weniger Rivalenkämpfe und ein mögliches Gruppenleben hinweist. Am Boden bot gemeinsames Auftreten besseren Schutz vor Raubtieren. Vor 3,8 bis 2,9 Mio. Jahren lebte der „Südaffe von Afar“ Der bekannteste Fossilienfund von Australopithecus afarensis („Südaffe von Afar“) ist „Lucy“ – ein zirka 3,2 Millionen Jahre altes, unvollständiges Skelett einer Frau ( Seite 29 Abb. 15). Die Skelettreste wurden 1974 im Wüstengebiet des Afar-Dreiecks im südlichen Äthiopien gefunden. Beckenbau und Lage des Hinterhauptlochs Lage des Hinterhauptlochs ( Seite 27 Abb. 17) weisen darauf hin, dass Lucy aufrecht ging – jedoch noch nicht so gut wie ein heutiger Mensch. Wahrscheinlich verbrachte sie auch noch viel Zeit auf den Bäumen, was lange, gebogene Finger und Zehen sowie im Verhältnis zu ihren Beinen längere Arme belegen 1978 fand man bei Laetoli in Tansania im Gestein Fußabdrücke von aufrecht gehenden Individuen, vermutlich ebenfalls Australopthecinen, die vor etwa 3,7 Millionen Jahren gelebt haben ( Seite 29 Abb. 16). 10 Sahelanthropus tschadensis Größe: unbekannt Gehirnvolumen: 360–370 cm3 7 Mio. 6,5 11 Orrorin tugenensis Größe: ca. 140 cm Gehirnvolumen: unbekannt 6 Mio. 5,5 12 Ardipithecus ramidus Größe: ca. 120 cm Gehirnvolumen: 300– 370cm3 5 Mio. 4,5 13 Australopithecus afarensis Größe: 105–150 cm Gehirnvolumen: 380–550 cm3 4 Mio. 3,5 Entwicklungslinie beschreibt alle Arten, die seit dem letzten gemeinsamen Vorfahren mit den Schimpansen vor etwa 7 Mio. Jahren entstanden sind und dem Menschen näher stehen als den heutigen Menschenaffen. 26 Buch_Bio4.indb 26 12.11.2025 09:38:41 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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