Reichel Mathematik 6, Schulbuch

193 5.7 Rückblick und Ausblick (unendliche Ereignisräume) 5 Rückblick und Ausblick (unendliche Ereignisräume) 1. Mit unendlichen Ergebnismengen arbeiten Beim Berechnen von Wahrscheinlichkeiten stützten wir uns bisher auf die LAPLACE'sche Wahrschein- lichkeitsregel P (A) = g/m , deren Anwendbarkeit sich auf so genannte LAPLACE'sche Zufallsexperimen- te beschränkt, also auf Experimente, bei denen jeder der n Versuchsausgänge gleichwahrscheinlich ist. Das heißt aber nicht , dass es immer nur endlich viele Versuchsausgänge gibt, auch wenn wir uns bisher auf solche Experimente beschränkt haben. Diese Einschränkung war künstlich, denn unendliche Ergebnismengen Ω sind nicht nur denkbar, sondern treten (als Modelle) auch in der Praxis auf. Während ein konventionelles Glücksrad durch Rasten oder Sektorteilung nur endlich viele Endstellun- gen des Zeigers zulässt, kann auf einem „kontinuierlichen“ Glücksrad der Zeiger im Prinzip auf jedem der unendlich vielen Punkte des Rades gleichermaßen zum Stillstand kommen. Jede der unendlich vie- len Endpositionen ist gleich wahrscheinlich, wobei diese Wahrscheinlichkeit nun aber null ist. Kann das sein, wo doch die Summe aøøer Wahrscheinøichkeiten 1 sein muss, jeder Summand aber den Wert 0 hat? Und ist nicht überhaupt ein Ereignis mit Wahrscheinøichkeit 0 unmögøich? Zur ersten Frage: Ja, es kann sein! Denn mit Sicherheit tritt irgendei- nes der unendlich vielen Ereignisse ω ein, womit P( Ω ) = 1 gilt. Zur zweiten Frage: Wir haben nur ausgesagt, dass das unmögliche Ereig- nis die Wahrscheinlichkeit 0 hat, aber nicht die Umkehrung behaup- tet, dass nämlich ein Ereignis, das mit der Wahrscheinlichkeit 0 ein- tritt, unmöglich ist. Erøäutere! Diese Umkehrung ist nur richtig, wenn es endlich viele Ereignisse gibt, nicht aber bei unendlich vielen Ereignissen. Und dieser Fall tritt eben beim „kontinuierlichen“ Glücksrad ein, wo es überabzählbar unendlich viele Ereignisse gibt. Das sind so viele, wie es reelle Zahlen gibt, weshalb man auch von einem kontinuierlichen Ereignisraum Ω spricht. Einen ebenfalls unendlichen Ereignisraum Ω betrachten wir zB beim Warten auf eine bestimmte Augenzahl (etwa „ 6 “) beim Würfeln. Für die Anzahl n der notwendigen Würfe bis zum gewünschten Wurf gibt es hier allerdings (anders als beim „kontinuierlichen“ Glücksrad) „nur“ abzählbar unendlich viele Möglichkeiten ω i . Das sind so viele, wie es natürliche Zahlen gibt, weshalb man auch von einem diskreten unendlichen Wahrscheinlichkeitsraum Ω spricht. Hier tritt (anders als beim Glücksrad) jede mögliche Anzahl mit einer von null verschiede- nen Wahrscheinlichkeit auf, die man wie gewohnt mittels eines Baum- diagramms oder aus dem Übergangsgraphen berechnen kann. Erøäutere! Anzahl der notwendigen Würfe 1 2 3 4 5 6 7 8 Wahrscheinlichkeit P( ω i ) 1/6 5/6 2 5 2 /6 3 5 3 /6 4 5 4 /6 5 5 5 /6 6 5 6 /6 7 5 7 /6 8 Die Folge der Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse ω i ist eine streng monoton fallende Folge positiver Zahlen, also nach dem Satz von der monotonen Konvergenz eine Nullfolge, genauer: eine konvergente unendliche geometrische Folge mit dem Quotient 5/6 und dem Anfangswert 1/6 . Begründe! Die zugehö- rige geometrische Reihe summiert die Wahrscheinlichkeiten aller denkbaren Ereignisse ω i auf und gibt daher die Wahrscheinlichkeit von Ω an, die 1 sein muss. 5.7 F 5.14 Fig. 5.14 Fig. 5.15a 6 6 6 6 6 6 6 6 1 6 5 6 1 6 5 6 1 6 5 6 1 6 5 6 F 5.15ab Fig. 5.15b 6 6 1 6 1 6 5 6 5 6 S 172 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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