Reichel Mathematik 6, Schulbuch
205 6.2 EULER’sche Zahl e und natürliche Exponentialfunktion 6 Aus Gründen, auf die wir erst in der 8. Klasse eingehen, ist die EULER’sche Zahl e die am häufigsten verwendete Basis von Exponentialfunktionen. Die Funktion e x ist daher auf jedem wissenschaftlichen Ta- schenrechner implementiert und mittels der Taste e x abrufbar. Vielfach muss man die Tippfolge inv øn bzw. 2ndF øn verwenden. Was dabei die Taste øn bedeutet, wirst du im folgenden Kap. 6.3 erfahren. Beispiel B Berechne mit Hiøfe des Taschenrechners a e, b e 2 , c e ‒1,5 ! Lösung: a Tastenfoøge 1 e x bzw. 1 inv øn ergibt 2,718281828 (weiø e = e 1 ) b Tastenfoøge 2 e x bzw. 2 inv øn ergibt 7,389056099 c Tastenfoøge 1.5 + / – e x bzw. 1.5 + / – inv øn ergibt 0,22313016 2. Die Existenz von e nachweisen Wir müssen nachweisen, dass der Grenzwert der Folge k a n l = k “ 1 + 1 _ n § n l tatsächlich existiert. Dazu zeigen wir, dass die Folge 1) streng monoton wachsend und 2) nach oben beschränkt ist. Dann können wir nämlich den Satz von der monotonen Konvergenz anwenden , demzufolge eine monoton wachsen- de und nach oben beschränkte Folge konvergent ist. 1) a n + 1 ___ a n = “ 1 + 1 ___ n + 1 § n + 1 “ 1 + 1 _ n § n = “ n + 2 ___ n + 1 § n + 1 · “ n ___ n + 1 § n = = n + 2 ___ n + 1 · “ n 2 + 2n _______ n 2 + 2n + 1 § n = n + 2 ___ n + 1 · “ 1 – 1 _______ n 2 + 2n + 1 § n Um diesen Ausdruck abzuschätzen, verwenden wir die so genannte BERNOULLI’sche Ungleichung . Dabei entwickeln wir den 2. Faktor mittels des binomischen Lehrsatzes und verwenden nur die ers- ten beiden Glieder, dh. wir lassen alle weiteren weg. Dadurch verkleinern wir den 2. Faktor, sodass gilt: “ 1 – 1 _______ n 2 + 2n + 1 § n º 1 – n _______ n 2 + 2n + 1 Somit erhalten wir a n + 1 ___ a n = n + 2 ___ n + 1 · “ 1 – 1 _______ n 2 + 2n + 1 § n º n + 2 ___ n + 1 · “ 1 – n _______ n 2 + 2n + 1 § = = n + 2 ___ n + 1 · n 2 + n + 1 _______ n 2 + 2n + 1 = (n 3 + 3n 2 + 3n + 1) + 1 _____________ n 3 + 3n 2 + 3n + 1 = 1 + 1 __________ n 3 + 3n 2 + 3n + 1 > 1 Insgesamt: a n + 1 ___ a n > 1 É a n + 1 > a n k a n l ist daher streng monoton wachsend. 2) Um zu zeigen, dass k a n l nach oben beschränkt ist, wendet man einen Trick an: Man zeigt vorerst, dass die Folge k b n l = k “ 1 + 1 _ n § n + 1 l streng monoton fallend ist, was analog zu oben durchgeführt werden kann . Wegen “ 1 + 1 _ n § n < “ 1 + 1 _ n § n +1 für alle n * N gilt: a n < b n . Somit gilt insbesondere auch für alle n * N : a n < b 1 = (1 + 1) 2 = 4 , also ist k a n l nach oben mit der obe- ren Schranke 4 beschränkt. Du wirst dich fragen, wozu wir noch die Existenz von e nachgewiesen haben, obwohl wir den Wert von e schon kannten. Dass dies notwendig ist, kannst du etwa aus der harmonischen Reihe 1 + 1 _ 2 + 1 _ 3 + 1 _ 4 + 1 _ 5 + 1 _ 6 + … erkennen . Hier wie dort kann man aus der Tatsache, dass die Glieder der Reihe immer klei- ner werden, nicht schließen, dass die Summe existiert. + S 131 A 859 S 92 A 861 S 136 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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