Reichel Mathematik 6, Schulbuch
60 Räumliche Koordinatengeometrie 1 Wie wir allerdings im Kap. 4 dieses Buches und später in der 8. Klasse sehen werden, ist dies keine wirkliche Einschränkung: Man kann mit „linearen Methoden“ auch die Länge krummer Linien im R 2 und R 3 , den Flächeninhalt krummlinig begrenzter Flächen des R 2 sowie die Oberfläche und das Volu- men krummflächig begrenzter Körper im R 3 berech- nen. Für die in Fig. 1.38 gezeigte Schraublinie ge- lingt diese Rückführung sogar unmittelbar durch Abwicklung des Drehzylinders, der diese Kurve trägt. Erøäutere! Blicken wir weit zurück, in die 1. Klasse: Die Flächenmessung bzw. Volumenmessung haben wir dort – im Prinzip – auf dem Prozess des „Ausschöpfens“ von Flächen durch Einheitsquadrate bzw. von Kör- pern durch Einheitswürfel aufgebaut. Erøäutere! Dabei verwendeten wir – angeleitet durch unsere Anschauung – einen Dimensionsbegriff, der die Rück- führung der Flächenmessung und Volumenmessung auf die Längenmessung gestattete. Oder umgekehrt gesehen: Wir haben den Längenbegriff des 1-dimensionalen Raumes (vgl. Buch 5. Kl. Exkurs zu Kap. 8) in den 2-dimensionalen bzw. den 3-dimensionalen Raum „übertragen“. Lässt sich auch der 2-dimensionaøe Winkeøbegriff in den 3-dimensionaøen Raum „übertragen“? Die Antwort ist ja und kann wie folgt lauten. Der Bo- genlänge am Einheitskreis, die zu einem gewöhnli- chen Winkel gehört, entspricht beim Raumwinkel der Flächeninhalt der Kalotte („Kappe“) auf der Ein- heitskugel, dem Paar von Winkelschenkeln die un- endlich vielen Erzeugenden eines Drehkegels . Wer schon einmal mit einer gut fokussierenden Ta- schenlampe in einer Kuppel herumgeleuchtet hat, hat die Idee hinter dieser Definition schon erfahren. Misst man 2-dimensionale Winkel in Radiant, so misst man 3-dimensionale Winkel in Steradiant (als Verquickung von Stereo und Radiant). So wie ein Radiant (1 rad) jenen Winkel (von ≈ 57,3 °) angibt, der am Einheitskreis einen Bogen der Länge 1 be- stimmt, so legt ein Steradiant ( 1 sr ) einen Drehkegel fest, der auf der Einheitskugel eine Kalotte vom Flächeninhalt 1 bestimmt. Dessen Öffnungswinkel α (von ≈ 65,54° ) kann mit Hilfe der Flächenformel A = 2 π h für die zugehörige Kalotte berechnet wer- den . Aber Vorsicht: Während 2 rad ein doppelt so großer Winkel entspricht, entspricht 2 sr nicht ein Dreh- kegel von doppelt so großem Öffnungswinkel! Begründe! Mathematisch interessierten Menschen drängt sich damit sofort die Frage auf, ob sich dieses Spiel des Fortsetzens von geometrischen Begriffen in eine höhere Dimension (in sinnvoller Weise) weiterspielen lässt. Für den Übergang vom R 2 in den R 3 wissen wir das längst und können diesen Vorgang auch mit un- seren Sinnen (im wörtlichen Sinn) „begreifen“. Beim Übergang zu einem höherdimensionalen Inhalts- so- wie Winkelbegriff versagt allerdings unsere Vorstellung, die kein „4-dimensionales“ Analogon zum Würfel sowie zum Drehkegel und zur Kugel kennt, obwohl man (vgl. den folgenden Exkurs) solche kreieren kann. Fig. 1.38 Fig. 1.39 R= 1 R= 1 F 1.39 Fig. 1.40 R= 1 R - h h 2 α F 1.40 2 π h = 1 w h = 1 __ 2 π cos α _ 2 = R – h ___ R = 1 – 1 __ 2 π w α _ 2 = 32,77° Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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