Vielfach Deutsch 4, Schulbuch

122 5 Unterwegs sein Zuhören/Sprechen Lesen Schreiben Grammatik/Rechtschreibung Sachtexte verstehen und zusammenfassen Im australischen Busch gibt es keinerlei Verkehrsmittel, geschweige denn Navigationsgeräte. Wie dessen Bewohnerinnen und Bewohner ganz ohne Hilfsmittel unterwegs sind und trotzdem den richtigen Weg finden, erfährst du im folgenden Text. Lies den Text, der sehr viele Informationen enthält. Die an- schließenden Übungen helfen dir, den Inhalt zu verstehen. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 Krabbelt die Ameise rechts oder östlich von mir? Wie wir uns orientieren 1 Mitten im australischen Busch: Nicht ein Hinweisschild oder ein Weg weit und breit, überall nur gleich aussehende Sträucher und Bäume. Hier muss sich jeder verirren – außer den Guugu Yimithirr, den nordaustralischen Ureinwohnern. Sie laufen einfach los und wissen die richtige Richtung, sie scheinen eine Art Kompass im Kopf zu haben. Selbst in der Dunkelheit verirren sie sich so gut wie nie. Die Guugu Yimithirr sind Weltmeister in der Orientierung. Da können wir Europäer nicht mithalten. 2 Warum nicht? Wie funktioniert Orientierung eigentlich und haben nicht alle Menschen die gleichen Anlagen dafür? Vögel auf ihrem Wanderflug in den Süden vollbringen Meisterleistungen. Sie berücksichtigen neben den Landschaftsformationen auch Sonnen- und Mondstand sowie das Magnet- feld der Erde. Das menschliche Orientierungssystem dagegen funktioniert einfacher: Im Nahbereich nutzen wir zusätzlich den Tastsinn – wenn wir uns in den unbekannten Kosmos unseres Kleiderschranks vorwagen. Im Straßen- verkehr verlassen wir uns auch auf das Ohr. Ansonsten jedoch orientiert sich der Mensch über die Augen. 3 Um einen Überblick zu bekommen, erstellen wir von der Wegstrecke und den Landmarken eine vereinfachte Karte im Kopf. Am sichersten sucht sich der Fremde einen markanten Punkt, von dem aus er eine Achse zieht – beispielsweise in Berlin vom Brandenburger Tor zum Fernsehturm am Alexanderplatz. Alle weiteren Wege und Objekte werden dieser Achse zugeordnet. Dabei wenden wir vor allem das Rechts-links-Schema an. Wir ordnen die Welt um uns herum im Verhältnis zu unserem eigenen Körper: Links von mir liegt die Humboldt-Universität und die Museums­ insel, rechts von mir das Rote Rathaus … 4 Lange Zeit glaubten Gelehrte und Wissenschaftler: Die Menschen aller Kulturen weltweit verhalten sich so. Doch dieses Navigationsschema hat eine prinzipielle Schwäche, denn mit jeder Körperdrehung ändern sich die Zuordnungen. Wenn ich meinem Gegenüber sage: Schau da rechts! Dann heißt das für ihn: Schau da links! Ein ähnliches Problem taucht auch beim Kartenlesen auf. Wir müssen erst eine Position einnehmen, in der die Rich- tung der Karte mit unserer realen Situation übereinstimmt. Und werden wir im Taxi oder einem Bus herumgefahren, fällt uns die Orientierung besonders schwer, weil wir unser Grundmuster aus den Augen verlieren. 5 Das könnte den Guugu Yimithirr nicht passieren. Ihr Geheimnis ist: Sie haben ein absolutes Orientierungssystem – sie beziehen sich immer auf die Himmelsrichtung. In ihrer Sprache gibt es keine Wörter für „links“ und „rechts“, nicht einmal für „vorn“ und „hinten“. Jede Orts- und Richtungs­ angabe verweist auf die vier Himmelsrichtungen. Buchtipp Wolfgang Korn: Was ist schon normal? Warum alle Menschen gleich und doch verschieden sind. Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher, Berlin. Der Autor nimmt seine Leserinnen und Leser in verschiedene Kulturen mit und gibt Einblicke in die völkerkundliche Forschung. Wir sehen: Es ist ganz normal, anders zu sein. Ü7 Berlin kenne ich zwar nicht, aber in meiner Stadt ist der Fluss die Achse, die als Orientierung dient. … Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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