Reichel Mathematik 7, Schulbuch
159 4.3 Approximation von Funktionen mit Hilfe der Differentialrechnung – TAYLOR-Polynome und Potenzreihen 4 Warum haben wir f: y = sinx bei x 0 = 0 durch ein Poøynom 1., 3. und 5. Grades approximiert, nicht je- doch durch ein Poøynom 2. oder 4. Grades? Weil die Sinusfunktion eine ungerade Funktion ist, eignen sich nur Polynome ungeraden Grades zur Ap- proximation von f bei x 0 = 0 . Beispiel F Approximiere die Funktion f: y = sinx bei x 0 = 0 durch ein Poøynom p 5. Grades! Lösung: f: y = sinx f (0) = 0 p: y = a 0 + a 1 x + a 2 x 2 + a 3 x 3 + a 4 x 4 + a 5 x 5 p(0) = a 0 f’: y = cos x f’(0) = 1 p’: y = a 1 + 2a 2 x + 3a 3 x 2 + 4a 4 x 3 + 5a 5 x 4 p’(0) = a 1 f’’: y = ‒sinx f’’(0) = 0 p’’: y = 2a 2 + 6a 3 x + 12a 4 x 2 + 20a 5 x 3 p’’(0) = 2a 2 f’’’: y = ‒cos x f’’’(0) = ‒1 p’’’: y = 6a 3 + 24a 4 x + 60a 5 x 2 p’’’(0) = 6a 3 f IV : y = sinx f IV (0) = 0 p IV : y = 24a 4 + 120a 5 x p IV (0) = 24a 4 f V : y = cos x f V (0) = 1 p V : y = 120a 5 p V (0) = 120a 5 Da die 0-te bis 5-te Abøeitung von f und p jeweiøs den gøeichen Wert haben müssen, erhält man die Gøeichungen 0 = a 0 1 = a 1 0 = 2a 2 ‒1 = 6a 3 0 = 24a 4 1 = 120a 5 Deren Lösungen a 0 = 0, a 1 = 1, a 2 = 0, a 3 = ‒1/6, a 4 = 0, a 5 = 1/120 øiefern die Funktionsgøeichung p 5 : y = x – 1/6·x 3 + 1/120·x 5 , aøso genau die Funktion g 5 von S. 158! Beachte: Die Potenzen mit geraden Exponenten (müssen!) im Funktionsterm von p 5 fehøen, weiø f eine zum Ursprung zentrisch-symmetrische Funktion ist. In Verallgemeinerung von Beispiel F gilt: Die Funktionsgleichung der die Funktion f bei x 0 approximie- renden Polynomfunktion kann man ganz analog wie bei den Umkehraufgaben in Kap. 3.1 über einen un- bestimmten Ansatz ermitteln. Dieser führt auf ein – gegenüber Beispiel F meist sehr viel komplizierte- res – lineares Gleichungssystem, welches man typischerweise „von unten her“ (also beginnend beim Koeffizienten a n ) löst. Auf diese Weise erhält man die Koeffizienten des TAYLOR-Polynoms – falls ein solches existiert. Die Berechnung der Winkel- und Kreisfunktionen am Taschenrechner beruht im Prin- zip auf diesem Konzept . 3. Die Begriffe TAYLOR-Reihe und Potenzreihe kennen Handelt es sich bei der zu approximierenden Funktion f um eine unendlich oft (nicht-trivial) differenzierbare Funktion (wie zB die Sinusfunktion), so kann man f unter Umständen 1 sogar beliebig genau approximieren. Man er- höht den Grad n des TAYLOR-Polynoms durch Hinzunahme immer neuer Po- tenzen von x , so dass dieses für n ¥ • schließlich in die so genannte TAY- LOR-Reihe übergeht, welche die Funktion f in Form einer unendlichen Reihe von Potenzen ( Potenzreihe ) exakt beschreibt. Bei geschickter Verallgemeinerung der Ergebnisse in Beispiel F erkennt man: sin x = 1·x – 1/6·x 3 + 1/120·x 5 – 1/5040·x 7 + – … = x 1 __ 1! – x 3 __ 3! + x 5 __ 5! – x 7 __ 7! + – … = ; i = 0 • (‒1) i ·x 2 i + 1 ______ (2 i + 1)! , i * N 1 In der 8. Klasse wirst du unendlich oft nicht-trivial differenzierbare Funktionen kennen lernen, die sich nicht in eine Potenzreihe ent- wickeln lassen. A 631 A 632 Brook TAYLOR (1685 ‒ 1731) 155152-159 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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