Reichel Mathematik 7, Schulbuch
50 Differentialrechnung 2 Das Problem der Momentangeschwindigkeit 1. Bewegungsvorgänge durch Zeit-Weg-Diagramme beschreiben Die in Kap. 2.1 behandelten Graphen von Funktionen y = y (x) kann man auch als die Bahnkurve eines Punktes (stellvertretend für ein bewegtes Objekt wie einen Ball, einen Pfeil, einen PKW, eine Rakete usw.) auffassen. Für physikalische Betrachtungen hat das zwei Nachteile. Zum einen ist man durch die Beschränkung auf die Variablen x und y auf Bewegungen innerhalb der xy-Ebene, also den R 2 , be- schränkt. Zum anderen fehlt die für alle Bewegungsvorgänge wichtige Zeitkomponente t . Man löst die- ses Problem auf zweierlei Weise: Die eine Lösung besteht in der Verwendung von Para- meterdarstellungen (vgl. Buch 5. Kl. S. 249). Statt den Zusammenhang zwischen den Koordinaten x und y di- rekt in der Form y = y (x) festzulegen, stellt man x und y in Abhängigkeit vom Parameter t in Form einer Para- meterdarstellung x = x (t) , y = y (t) dar. 1 Meist kann man dabei t als Zeit oder als eine von dieser abhängige Größe interpretieren (vgl. die Exkurse zu Kap. 2 und 3). Die andere Lösung besteht darin, statt der konkreten (geometrischen Form der) Bahn nur die Länge s des längs der Bahnkurve zurückgelegten Weges in Abhän- gigkeit von der Zeit t zu betrachten, also Bewegungen durch ein Zeit-Weg-Gesetz s = s (t) zu beschreiben und durch ein Zeit-Weg-Diagramm zu veranschaulichen. 2 Fig. 2.9a und b zeigen den Unterschied zwischen diesen beiden Beschreibungsmöglichkeiten anhand des Flugs eines Pfeils. Erøäutere ! Im Folgenden werden wir bevorzugt Zeit-Weg-Gesetze betrachten, weil sie im Grunde nichts anderes sind als die gewohnten Darstellungen y = y (x) , nur eben mit anderen Bezeichnungen und Bedeutungen. Erøäutere! 2. Den Begriff „Momentangeschwindigkeit“ verstehen und definieren Bewegungsvorgänge wie der oben genannte Flug eines Pfeils laufen nicht sprunghaft ab (wenn wir vom Abschuss und Aufprall am Boden einmal absehen), sondern stetig; zum Zurücklegen eines Weges Δ s be- darf es stets einer gewissen Zeitspanne Δ t . Wird in gleichen Zeitspannen unterschiedlich viel Weg zurückgelegt, so heißt das, dass die Geschwindigkeit sich ändert. Wird vergleichsweise mehr (we- niger) Weg zurückgelegt, so wächst (sinkt) in dieser Zeitspanne die Ge- schwindigkeit. Aus einem Zeit-Weg-Diagramm kann man also nicht nur den zurückgelegten Weg, sondern auch die Geschwindigkeiten ablesen. Insbe- sondere entspricht der Weglänge Δ s = 0 die Zeitspanne Δ t = 0 . Diese zu- nächst selbstverständlich erscheinende Feststellung führt aber auf das uralte Paradoxon der Momentangeschwindigkeit : 1 Neben Kurven im R 2 lassen sich ganz analogKurven im R 3 in der Form x = x(t), y = y(t), z = z(t) beschreiben. Wir werden darauf in Kap. 5 näher eingehen. 2 Vielfach spricht man auch vom Weg-Zeit-Gesetz. Im Hinblick auf die graphische Darstellung folgen wir der Koordinatenreihenfolge (x 1 y) š (t 1 s) š (Zeit 1 Weg). 2.2 Fig. 2.9a x y 0 50 50 100 150 200 100 t =2 t = 1 t =3 Fig. 2.9b x t s 0 0 1 2 3 4 50 50 100 150 200 100 150 200 250 A 188 F 2.9c Fig. 2.9c s t s = s(t) s t 0 Ú Ú 155152-050 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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