Reichel Mathematik 8, Schulbuch

137 4.4 Approximation der Binomialverteilung durch die Normalverteilung 4 Approximation der Binomialverteilung durch die Normalverteilung 1. Die Normalverteilung als Grenzverteilung der Binomialverteilung kennen Wir wissen bereits: Integrale sind das kontinuierliche Analogon zu Summen. Dieser Umstand wurde – insbesondere solange es keine Computer gab – zur näherungsweisen Berechnung von Summen aus sehr vielen Summanden benützt, sofern sich das zugehörige Integral einfacher berechnen ließ als die Sum- me, was gar nicht so selten der Fall war. Beim Berechnen der Wahrscheinlichkeit P (X ª x i ) einer mit den Parametern n und p binomialverteilten Zufallsvariablen X hat man solche Summen zu berechnen und es ist nicht verwunderlich, dass man ver- suchte, diese Summen näherungsweise durch bestimmte Integrale darzustellen und zu berechnen. Doch über welche Kurve sollte man integrieren? Um den Bezug zum bestimmten Integral deutlich sichtbar zu machen, repräsentieren wir die Wahrscheinlichkeiten P (X = x i ) der binomialverteilten Zufallsvariablen nicht wie bisher durch Punkte, sondern durch den Flächeninhalt von Rechtecken . Jedes Rechteck hat die Breite 1 und die Höhe P (X = x i ) , sodass sein Flächeninhalt – wie gewünscht – P (X = x i ) angibt. Aus den Figuren in Aufg. 496 liest man ab, dass die jeweils gesuchte Funktion f ungefähr die Form einer Glocke besitzt. Durch schwierige theoretische Überlegungen, die auf A. MOIVRE, P. S. LAPLACE und C. F. GAUSS zurückgehen  1 , fand man, dass die uns schon bekannten GAUSS’schen Glockenkurven die best- mögliche Approximation darstellen. Bestmöglich heißt dabei, dass die Differenz zwischen dem Wert des Integrals und dem Wert der Summe für n ¥ • möglichst rasch gegen 0 strebt. Dh.: Die Binomialvertei- lung strebt in diesem Sinne gegen die Normalverteilung . 2. Die integrale Näherungsformel wissen Für die praktische Anwendung wichtiger ist der Umstand, dass die Approximation schon für kleine σ – Faustregeø: σ = ​ 9 ___  npq ​ > 3 – bei den meisten praktischen Aufgaben hinreichend gut ist. Beide Aussagen können wir nicht beweisen. Die erste nicht, weil dies theoretisch zu schwierig ist, die zweite prinzipiell nicht, weil ihre Aussage als „Faustregel“ nur „unscharf“ ist. Aufgrund von Aufg. 496 sollte uns die „Richtigkeit“ beider Aussagen aber anschaulich klar sein. Satz Integraøe Näherungsformeø: Ist X = X BV eine mit den Parametern n und p binomiaøverteiøte Zufaøøsvariabøe, so kann diese im Faøø σ > 3 in sehr guter Näherung durch eine Zufaøøsvariabøe X NV ersetzt werden, die normaøverteiøt ist mit μ = n · p und σ = ​ 9 ___  npq​. Gemäß der Figur giøt dann:  P (x 1 ª X BV ª x 2 ) ≈ P (x 1 – 0,5 ª X NV ª x 2 + 0,5) = ​ :  ​ x​  1 ​– 0,5 ​  ​x​  2 ​+ 0,5 ​  1 ____  σ · ​ 9 __ 2 π​ ​ · ​e​  –​  1 _ 2 ​ · ​ “  ​  x – μ ___ σ  ​  § ​ 2 ​ ​ · dx = = Φ​ “  ​  ​ x​  2 ​+ 0,5 – μ _______ σ  ​  § ​ – Φ​ “  ​  ​ x​  1 ​– 0,5 – μ _______ σ  ​  § ​ Merke: Die untere Grenze wird um 0,5 verkøeinert, die obere Grenze um 0,5 vergrößert.  1 Abraham de MOIVRE (1667–1754), französischer Mathematiker Pierre Simon LAPLACE (1749–1827), französischer Mathematiker Carl Friedrich GAUSS (1777–1855), deutscher Mathematiker 4.4 WS 3.4 Fig. 4.13 x i P(X = x i ) Gesamtflächeninhalt = 1 F  4.13 WS 3.4 y x 1 x 2 x 1 ‒0,5 x 2 +0,5 x 160197-137 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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