Reichel Mathematik 8, Schulbuch

148 Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik 4 Testen von Hypothesen bei gegebenem Ablehnungsbereich 1. Die Begriffe Annahmebereich und Ablehnungsbereich verstehen Eine wichtige Aufgabe der Statistik besteht darin, Punktschätzungen für gewisse statistische Kennzah- len – zB bei Wahlprognosen Stimmenanteile – zu prüfen. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Testen einer Hypothese H über einen Parameter – kurz: von Parametertests .  1 Vorläufig testen wir nur Aussagen über Anteile in der Grundgesamtheit. Die Grundidee ist, den behaupteten Sachverhalt mit dem aus einer Zufallsstichprobe ermittelten Sachverhalt, dem so genannten Stichprobenergebnis , zu vergleichen. „Kleinere“ Abweichungen vom erwarteten Wert wird man als zufallsbedingt akzeptieren, „auffällig große“ Abweichungen werden uns an der Richtigkeit der Behauptung zweifeln lassen. Als Orientierungshilfe dafür, wann die Abweichungen der beobachteten von den erwarteten absoluten Häufigkeiten als „auffällig groß“ zu bezeichnen sind, kann die Standardabweichung σ dienen. Liegt der beobachtete Wert x der Anzahl X der „Erfolge“ eines BERNOULLI-Experiments im Intervall [ μ  – σ ; μ + σ ] , so ist dies offenbar noch nicht auffällig; σ = ​ 9 ___ V (X)​ beschreibt schließlich die durchschnittliche Abweichung der beobachteten Anzahl x der „Erfolge“ von der erwarteten Anzahl μ = E (X) . Man sagt: Das Stichprobenergebnis ist mit der Hypothese H verträglich und legt es nahe, die Hypothese anzuneh- men (aufrechtzuerhalten), obwohl die Richtigkeit der Hypothese dadurch natürlich nicht „bewiesen“ ist. Liegt die beobachtete Anzahl x von „Erfolgen“ aber „weitab“ vom Erwartungswert μ = E (X) , zB außer- halb des 2 σ -Intervalls [ μ – 2 σ ; μ + 2 σ ] oder gar außerhalb des 3 σ -Intervalls [ μ – 3 σ ; μ + 3 σ ] , so ist die Sache (sehr) verdächtig. In diesem Fall wird man der Hypothese H (zB H : die Erfolgswahrscheinlichkeit p = 0,1 ) keinen Glauben schenken und sie ablehnen (verwerfen), wenngleich dadurch die Unrichtigkeit der Hypothese ebenfalls natürlich nicht „bewiesen“ ist. Im Sinn dieser Ausführungen wird vom Annahmebereich und vom Ablehnungsbereich K (kritischen Bereich, Rückweisungsbereich) sowie den Ablehnungsgrenzen c (Rückweisungspunkten, Entschei- dungsgrenzen, kritischen Werten) eines Hypothesentests gesprochen. Die beobachtete Zufallsvariable X heißt Prüfgröße . Beispiel Q In einer Zeitung wird behauptet, dass ein Vierteø aøøer PKW-Lenker, die zwischen 22 h und 4 h unter- wegs sind, aøkohoøisiert sind. Poøizeioffizier Prohibit wird beauftragt, in einer Pøanquadrataktion die Gøaubwürdigkeit dieser Behauptung mit Hiøfe des 2 σ -Intervaøøs um μ „statistisch“ zu überprüfen. Wie øautet der Annahme- und Abøehnungsbereich, wenn bei der Aktion 547 Lenker überprüft wurden? Lösung: Die zu prüfende Hypothese H øautet: p = 0,25. Aøs Prüfgröße verwenden wir die in einer Zufaøøsstichprobe vom Umfang n = 547 gefundene Anzahø X der aøkohoøisierten Lenker. Unter der Annahme, dass H stimmt, erwarten wir, dass X binomiaøverteiøt ist mit n = 547 und p = 0,25. Liegt die beobachtete Anzahø der aøkohoøisierten Lenker innerhaøb des Intervaøøs [ μ – 2 σ ; μ + 2 σ ], so woøøen wir die Hypothese H: p = 0,25 annehmen, andernfaøøs abøehnen, dh. aøs faøsch ansehen.  μ = n · p = 547 · 0,25 = 136,75 und  σ = ​ 9 ____  n · p · q​= ​ 9 ________ 547 · 0,25 · 0,75​≈ 10,13 Der Abøehnungsbereich der Hypothese H: p = 0,25 besteht daher aus jenen Werten der Zufaøøsvariabøen X BV , die außerhaøb des Annahmebereiches øiegen:  [ μ – 2 σ ; μ + 2 σ ] = [136,75 – 2·10,13; 136,75 + 2·10,13] w Abøehnungsbereich K BV = {0;1;…;116} ± {158;159;…;547}     p wurde offenbar (zu groß) = (zu køein) behaupet  1 Neben diesen Tests könnte man zB auch Hypothesen über die Art der Verteilung der betrachteten Zufallsvariablen prüfen (also ob die Zufallsvariable normalverteilt, binomialverteilt, … ist), ob zwei gegebene Zufallsvariablen voneinander unabhängig sind, und vieles andere mehr. 4.6 K  4.10 x y 0 100 116 117 158 157 Ablehnungsbereich Annahmebereich 160 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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