Reichel Mathematik 8, Schulbuch
149 4.6 Testen von Hypothesen bei gegebenem Ablehnungsbereich 4 2. Den Begriff Irrtumswahrscheinlichkeit verstehen Beachte, dass das Verwerfen einer Hypothese H auf „Verdacht“ hin geschieht; es ist ja durchaus möglich (aber eben sehr unwahrscheinlich), dass die Prüfgröße X rein zufällig weitab vom Erwartungswert E (X) liegt. Mit anderen Worten: Es ist durchaus möglich, dass die Hypothese irrtümlich (zu Unrecht) abge- lehnt wird. Aus diesem Grund nennt man die Wahrscheinlichkeit, mit der die Prüfgröße X unter der An- nahme, dass H stimmt, in den Ablehnungsbereich fällt, die Irrtumswahrscheinlichkeit α des Tests . Mit dieser Sprechweise betont man, dass α nur vom Verfahren, nicht aber vom konkreten Testergebnis oder der Hypothese abhängt. Beispiel Q (Fortsetzung) Wie groß ist die Irrtumswahrscheinøichkeit α des Tests? Lösung: Wegen σ > 3 dürfen wir die Binomiaøverteiøung durch die Normaøverteiøung N (136,75; 10,13 2 ) approximieren und erhaøten gemäß der integraøen Näherungsformeø: α = P (X BV ª 116 = 158 ª X BV ) ≈ ≈ P (X NV ª 116,5) + P (157,5 ª X NV ) = = Φ “ 116,5 – 136,75 ________ 10,13 § + “ 1 – Φ “ 157,5 – 136,75 ________ 10,13 § § = = Φ (‒1,999) + (1 – Φ (2,048)) = = (1 – 0,97720) + (1 – 0,97972) = 0,043 = 4,3% Da der kritische Bereich K NV annähernd symmetrisch um μ mit ε = 2 σ øiegt, könnten wir das Ergebnis auch mit der α -Antistreubereichsformeø näherungsweise berechnen: α = 2 ·( 1 – Φ (z)) = 2 ·( 1 – Φ (2)) = 2 · (1 – 0,97725) = 0,0455 = 4,6%. Bemerkungen: 1) Die Ergebnisse 4,3% und 4,6% in der Fortsetzung von Beispiel Q unterscheiden sich nicht allzu sehr. In der Praxis wählt man daher meist den kürzeren zweiten Weg. 2) Da die Ergebnisse je nach Lösungsweg (geringfügig) voneinander abweichen, ist jede übertriebene Genauigkeit sinnlos. Runde daher stets die Ergebnisse geeignet! Auf eine häufig zu hörende Fehlinterpretation des Begriffs Irrtumswahrscheinlichkeit sei im Zusam- menhang mit Beispiel Q noch hingewiesen: Fällt der beobachtete Wert der Prüfgröße in den Annahme- bereich, so heißt dies nicht, dass die Hypothese mit 1 – α = 1 – 0,045 = 95,5% Wahrscheinlichkeit richtig bzw. mit α = 4,5% Wahrscheinlichkeit falsch ist. Zieht man zB 1000 -mal eine Stichprobe vom Umfang 547 und ist tatsächlich p = 0,25 , so wird man dennoch erwartungsgemäß in 1000·0,045 = 45 Fällen die Hypothese (zu Unrecht!) verwerfen. Die Irrtumswahrscheinlichkeit macht also keine Aussage über die Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der Hypothese selbst, genau genommen auch nicht über die Wahrschein- lichkeit, mit der eine einzelne , aufgrund des Stichprobenergebnisses getroffene Entscheidung fehlerhaft ist. Man sieht dies daran, dass die Irrtumswahrscheinlichkeit in Beispiel Q unabhängig vom Stichpro- benergebnis berechnet wurde. Abhängig ist die Irrtumswahrscheinlichkeit beim Testen einer Hypothese H allein von der Wahl des kritischen Bereiches K und der zugrunde gelegten Verteilung. Die Irrtums- wahrscheinlichkeit α ist also eine Größe, die die Zuverlässigkeit des Testverfahrens charakterisiert. Ob man im konkreten Fall richtig entscheidet, weiß man nicht (mit Sicherheit). Statistische Verfahren lie- fern eben immer nur Aussagen über Massenerscheinungen , nie über Einzelereignisse . 3. Die Begriffe Fehler 1. und 2. Art verstehen Sinnvollerweise wird man versuchen den kritischen Bereich K so zu wählen, dass die Irrtumswahr- scheinlichkeit eines Tests möglichst niedrig ist. Dabei gibt es jedoch ein Problem: Wird sich in Beispieø Q die Irrtumswahrscheinøichkeit erhöhen oder verringern, wenn man für den Annahmebereich statt [μ – 2 σ ; μ + 2 σ ] den Bereich [μ – 4 σ ; μ + 4 σ ] verwendet? x y 0,1 0 115 160 μ Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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