Reichel Mathematik 8, Schulbuch

154 Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik 4 Testen von Hypothesen bei gegebener Irrtumswahrscheinlichkeit 1. Den Begriff Signifikanzniveau verstehen und anwenden In der Praxis geht man meist umgekehrt vor, als wir es bisher taten. Statt einen Ablehnungsbereich vor- zugeben und die zugehörige Irrtumswahrscheinlichkeit zu berechnen, gibt man die Irrtumswahrschein- lichkeit α vor und berechnet den zugehörigen Ablehnungsbereich. Im Fall eines einseitigen Tests ist diese Aufgabe eindeutig lösbar, nicht jedoch im Fall eines zweiseitigen Tests . In der Praxis umgeht man das Problem, indem man bei zweiseitigen Tests prinzipiell einen α -Antistreubereich verwendet. Ob man einseitig oder ob man zweiseitig testen soll, ist oftmals durch die Problemstellung nahegelegt; im Zweifelsfall testet man zweiseitig. Jedenfalls sollte man in der Testvorschrift (bzw. im Testergebnis) festhalten, ob ein- oder zweiseitig getestet wurde. Auch die Wahl der Irrtumswahrscheinlichkeit α ist durch die Problemstellung nahegelegt. Für Entschei- dungen von großer Tragweite (zB Zulassung neuer Medikamente, Zuverlässigkeit von Bauteilen in Raumsonden, … ) wird man einen Test mit kleiner Irrtumswahrscheinlichkeit α wählen, für weniger schwerwiegende Entscheidungen Tests mit größerer Irrtumswahrscheinlichkeit. In der Praxis üblich sind vor allem die folgenden zwei Werte  1 für α : Definition Liegt das Stichprobenergebnis im Abøehnungsbereich des Tests, so spricht man bei α = 0,05 von einer signifikanten Abweichung der Prüfgröße X vom erwarteten Wert, bei α = 0,003 von einer hochsignifikanten Abweichung der Prüfgröße X vom erwarteten Wert. Bemerkungen: 1) Die Zahl γ = 1 – α heißt Signifikanzniveau (statistisches Sicherheitsniveau) des Tests. Zu den obi- gen Werten von α gehören also die Signifikanzniveaus γ = 95% bzw. γ = 99,7% . 2) Die Wahl des Signifikanzniveaus γ = 95% ( š α = 5% ) sowie γ = 99,7% ( š α = 0,3% ) gründet (bei zweiseitigen) Tests auf dem Zusammenhang mit dem 2 σ - sowie 3 σ -Bereich um μ einer normalver- teilten Zufallsvariablen. Begründe anhand von Fig. 4.19 ! Fig. 4.19 φ (x) 0 99,7% 3 σ ‒3 σ φ (x) 0 95% 2 σ ‒2 σ φ (x) 0 68% σ ‒ σ 3) Beachte, dass (hoch-)signifikante Abweichungen nicht die Sicherheit einer zweifelsfrei richtigen Ent- scheidung garantieren. Da α (und damit γ ) allein vom Umfang n der Stichprobe (und von der zugrun- de gelegten Verteilung) bei entsprechender Wahl des Ablehnungsbereiches abhängt – mehr haben wir ja zur Berechnung von α nicht verwendet – kann man die Irrtumswahrscheinlichkeit α beliebig klein machen, wenn man nur n genügend groß macht. Mit anderen Worten: Wählt man eine genü- gend große Stichprobe, so kann man praktisch jede Hypothese H (zugunsten jeder beliebig wenig davon abweichenden Hypothese) verwerfen. Kurz gesagt: Die Trennschärfe des Tests hängt vom Stichprobenumfang n ab. Für genügend großes n kann bzw. muss man zB die Hypothese H: p = 0,1 zugunsten des „wahren Wertes“ p = 0,1000001 verwerfen – obwohl dieser Unterschied eigentlich be- deutungslos ist. 4) Signifikanz sagt nur etwas über das Testverfahren aus, nichts Sicheres jedoch über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Hypothese selbst.  1 Die Bezeichnungen sind leider nicht einheitlich. Vielenorts versteht man unter hochsignifikant eine Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 0,01 , und nennt die zu α = 0,003 gehörige Abweichung höchstsignifikant . 4.7 A  567a S  132 A  567b S  143 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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