Reichel Mathematik 8, Schulbuch
32 Integralrechnung In diesem Kapitel wirst du • den Begriff Integral in seinen beiden Bedeutungen als unbestimmtes Integral (Umkehrung des Differenzierens) und als bestimmtes Integral (Methode zur Flächenberechnung) erfahren, • Regeln und Methoden zum exakten bzw. näherungsweisen Integrieren von Funktionen kennen lernen und anwenden, • einfache Differentialgleichungen lösen und (auch ihre Lösungen) interpretieren. Vorschau Eine mathematische Operation wird erst dann gut verstanden, wenn man auch ihre mögliche(n) Umkehrung(en) beherrscht: Addieren – Subtrahieren, Multiplizieren – Dividieren, Potenzieren – Wurzelziehen, Exponentieren – Logarithmieren, … Bei sehr vielen Problemen ist es nun auch wichtig, das Differenzieren umkehren zu können. Man kennt also – aus irgendeinem Grund – die 1. Ableitung f ’ einer sonst unbekannten Funktion f und möchte die „ursprüngliche“ Funktion f , von der f ’ herstammt – die so genannte Stammfunktion – durch geeignete Operationen (wieder-)finden. Diese Ope- ration heißt dann Integrieren 1 : Integrieren ist so die Umkehrung des Diffe- renzierens . Integrieren wird zB benötigt, wenn man zu einem gegebenen Zeit-Geschwin- digkeits-Diagramm das zugehörige Zeit-Weg-Diagramm ermitteln soll. Denn Ersteres entstand ja (vgl. Buch 7. Kl. S. 50ff) aus Letzterem durch Differen- zieren. Begründe anhand von Fig. 2.1! Im Prinzip völlig gleichartig, nur eben mit anderen Bezeichnungen, wird Integrieren benötigt, wenn man zu einem Zeit-Beschleunigungs-Diagramm das zugehörige Zeit-Geschwindigkeits-Dia- gramm aufsucht. Erkøäre und zeichne eine Figur anaøog zu Fig. 2.1! Ebenso wird Integrieren beim Lösen von Differentialgleichungen verwendet. Und Integrieren tritt schließlich – völlig unerwartet – auf, wenn man den Flä- cheninhalt krummlinig begrenzter Flächenstücke exakt berechnen will. Auch wenn es schon vor mehr als 2000 Jahren unter anderem griechischen Mathe- matikern gelang für einige wenige spezielle krummlinig begrenzte Flächenstü- cke exakte Flächeninhaltsformeln (wie etwa die in Aufg. 279 gegebenen) herzu- leiten, geht die eigentliche Entdeckung, wie man Flächeninhalte ganz allgemein berechnen kann und wie das mit dem Differenzieren zusammenhängt, auf die beiden Mathematiker und „Universalgelehrten“ Sir Isaac NEWTON (1642–1727) und Gottfried Wilhelm LEIBNIZ (1646–1716) zurück. Die Wichtigkeit dieser Entdeckung geht weit über die ursprünglich rein geomet- rische Fragestellung hinaus. Allerdings stellt weniger das Flächeninhaltsproblem die eigentliche „Uridee“ der Integralrechnung dar, sondern eher die Frage nach der Definition und Berechnung eines „kontinuierlichen Mittelwertes“, den man einer (mehr oder minder stark „schwankenden“) Funktion f zuordnen will . Indem die beiden Schöpfer der Integral- und Differentialrechnung auch wesent- liche Anwendungen derselben behandelten, legten sie auch den Grundstein für die moderne Naturwissenschaft und Technik, die seit damals die Mathematik als ihr wichtigstes Werkzeug bezeichnen. 1 integer (lat.) … unversehrt, ganz, wiederhergestellt 2.0 Fig. 2.1 s v t 1 0 1 t 1 0 1 f 1 f‘ Differenzieren Integrieren K 1.4 K 2.2 I. NEWTON (1642–1727) K 2.4 W. LEIBNIZ (1646–1716) K 2.4 S 62 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv
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