Reichel Mathematik 8, Schulbuch
63 2.4 Das Flächeninhaltsproblem – Bestimmte Integrale stetiger Funktionen 2 Offen bleibt, ob überhaupt ein Flächeninhalt bzw. Mittelwert existiert. Du weißt bereits, dass nicht jede Funktion f eine Stammfunktion hat. Demzufolge existiert auch das bestimmte Integral (und damit der Flächeninhalt) nicht immer. Wenn aber doch, sagt man: f ist auf [ a ; b ] integrierbar. Insbesondere gilt: Satz Stetige Funktionen sind stets integrierbar. Für unstetige Funktionen und andere „pathologische Funktionen“ kann man keine derartige allgemeine Aussage treffen. Besitzt eine Funktion f Unendlichkeitsstellen (Polstellen , so kann der Flächeninhalt existieren, muss aber nicht. (Vgl. dazu den Abschnitt „Uneigentliche Integrale“ im Aufgabenteil!) Ist eine Funktion f stückweise stetig , dh., ist sie auf einzelnen (endlich vielen!) Intervallen jeweils ste- tig , so existiert das bestimmte Integral; es ist die Summe der Integrale über denjenigen Intervallen, wo f stetig ist. (Vgl. den Abschnitt „Aufgaben zur Theorie“ im Aufgabenteil!) Regel Über Unendøichkeitssteøøen und Unstetigkeitssteøøen einer Funktion darf man nicht (ohne genauere Untersuchung) „hinweg integrieren“! 4. Zusammenhang zwischen dem bestimmten und unbestimmten Integral verstehen Bisher war für uns das bestimmte Integral eine konkrete Zahl , die man als (orientierten) Flächeninhalt A des Normalbereiches von a bis b unter f interpretiert. Man erhält sie, indem man den Integranden f zu F integriert und dann die Werte für die Grenzen a und b in F (b) – F (a) einsetzt. Was, wenn man nur für b eine konkrete Zahl einsetzt und a als (Form-)Variable ansieht. Dann hängt der Wert von A von a ab, oder anders gesagt: Das bestimmte Integral wird zu einer Funktion A (a) seiner un- teren Grenze a . Analog kann das bestimmte Integral als Funktion seiner oberen Grenze auffassen. Da wie dort ergibt sich eine interessante Einsicht, wie das unbestimmte Integral und das bestimmte Inte gral einer Funktion f (formal) zusammenhängen: Betrachten wir als Beispiel die Funktion f (x) = sin x . Dann lautet das unbestimmte Integral : sin x·dx = ‒cos x + c Betrachten wir das zugehörige bestimmte Integral bei fester unterer Grenze a als Funktion seiner obe- ren Grenze, die wir nun x nennen wollen, weil diese ja auf der x-Achse variiert. Zwecks Vermeidung von Bezeichnungskonflikten schreiben wir den Integranden mit der Hilfsvariablen t und erhalten: : a x sin t·dt = ‒cos t † a x =‒cos x – (‒cos a) = ‒cos x + cos a Da a fest ist, ist cos a eine Konstante, die wir c nennen. Voilà – aus dem bestimmten Integral wurde ein unbestimmtes. Umgekehrt wird durch Einsetzen konkreter Grenzen aus dem unbestimmten Integral ein bestimmtes Integral. F 2.15a F 2.15b Fig. 2.15a a x y 0 b Fig. 2.15b a x y 0 b Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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