Elemente, Schulbuch
20 1 ATOMbau unD PeRIODenSYSTeM Das Elektron nach dem wellenmechanischen Atommodell Nach der Relativitätstheorie sind Energie und Masse äquivalent ( E = m • c 2 ). Das be- deutet, dass jedes elektromagnetische Quant eine Masse hat, da es ja aus Energie besteht. Diese Masse hängt von der Wellenlänge ab. Der französische Physiker Louis de Broglie (1892–1987) begründete nun eine Theo- rie, dass jede bewegte Masse nach einem dualistischen Modell beschreibbar ist, dass also nicht nur elektromagnetische Quanten, sondern auch materielle Teilchen Wellencharakter haben. Er ersetzte in der Beziehung zwischen Masse und Wellen- länge von Quanten die Lichtgeschwindigkeit c durch die Geschwindigkeit v (Abb. 20.3). Demnach wäre auch ein fahrendes Auto nach dem Wellenmodell beschreibbar. Be- rechnen wir seine Wellenlänge: v = 72 km/h = 20 m/s m Auto = 1000 kg ⇒ l Auto = 3,3 • 10 –30 m Diese Wellenlänge ist zu klein. Interferenzen sind bei fahrenden Autos (zum Glück) nicht zu beobachten. Bei materiellen Gegenständen unserer gewohnten Umgebung ist das Wellenmodell daher nicht sinnvoll. Anders wird das Ergebnis, wenn man bewegte Elektronen betrachtet. Durch ihre sehr geringe Masse (9,11 • 10 –31 kg) kommt man für Elektronenstrahlen auf Wellen- längen, wie sie bei Röntgenstrahlen auftreten. Bei diesen war aber die Beugung am Kristallgitter bereits bekannt. Man führte solche Beugungsversuche daher mit Elek- tronenstrahlen durch und fand die Theorie von de Broglie bestätigt. Elektronen- strahlen zeigen, ähnlich wie Röntgenstrahlen, Interferenzerscheinungen. Bewegte Elektronen können nach einem dualistischen Modell auch als Wellen be- schrieben werden. Die Wellennatur der Elektronen veranlasste nun Erwin Schrödinger , dieses Modell auf die Elektronen in der Atomhülle anzuwenden. Da die Elektronen den Raum um das Atom nicht verlassen, beschrieb er die Hüllenelektronen als stehende Wellen. Für stehende Wellen gibt es bestimmte Bedingungen. Der einfachste – eindimensi- onale – Fall ist eine gespannte Saite (Abb. 20.4). Stehende Wellen sind hier nur mög- lich, wenn die Saitenlänge ein ganzzahliges Vielfaches der halben Wellenlänge be- trägt. Andere Wellenlängen sind nicht möglich. Auch im zweidimensionalen Fall (zB ein schwingendes Trommelfell oder eine schwingende Seifenmembran) sind nur bestimmte stehende Wellen möglich. Dasselbe gilt für dreidimensional stehende Wellen. Als solche beschreibt Schrödin- ger die Elektronen. Eine dreidimensional stehende Welle ist zwar nicht mehr an- schaulich, sie lässt sich aber berechnen. Der Vorteil des Modells: Nur bestimmte Zustände sind mit steigender Frequenz und damit steigender Energie möglich. Die willkürlich eingeführten „erlaubten“ Energiezustände des Elektrons im Bohr´schen Modell ergeben sich im wellenmechanischen Modell von selbst. Nach diesem Modell lassen sich die Energiezustände der Elektronen mit Hilfe der „Schrödingergleichung“ berechnen. Prinzipiell können alle Spektren berechnet wer- den, ebenso die Energie, die bei chemischen Bindungen frei wird. Dem steht jedoch entgegen, dass für Atome mit mehreren Elektronen (also für alle außer dem Was- serstoff-Atom) die Schrödingergleichung nicht exakt lösbar ist. Man ist daher auf sehr aufwändige Näherungsverfahren angewiesen, die auch moderne Großrechen- anlagen überfordern können. Kompliziertere Gebilde wie zB große Moleküle sind damit nach wie vor der Berechenbarkeit entzogen und die praktische Arbeit des Chemikers im Labor lässt sich nicht durch eine Computerberechnung ersetzen. Der Energiezustand des Elektrons wird mathematisch durch die Wellenfunktion be- schrieben. Um wieder Anschaulichkeit zu gewinnen, interpretierte der deutsche Phy- siker Max Born (1882–1970) das Quadrat der Amplitude der Wellenfunktion als Auf- enthaltswahrscheinlichkeit . Sie gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der sich das Elektron an der entsprechenden Stelle des Raumes aufhält. Diese Raumbereiche nennt man Orbitale . Die Orbitale eines Atoms unterscheiden sich in Form und Größe. E = h • f = h • c λ und E = m • c 2 daraus: = m • c h = h m • c (gilt für elektromagnetische Wellen) de Broglie: = h m • v (gilt für materielle Teilchen) λ λ λ n = 1 n = 2 n = 3 Abb. 20.4: Eindimensionale stehende Wellen Abb. 20.3: Materiewellen nach de Broglie Abb. 20.2: Louis de Broglie Abb. 20.1: Erwin Schrödinger Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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