Sexl Physik 8, Schulbuch
137 | c) Isotropie der Hintergrundstrahlung Etwa 400 000 Jahre nach dem Urknall begann das Universum „durchsichtig“ zu werden. Aus den geladenen Teilchen (Elektronen, Protonen, Heliumkerne) entstan- den elektrisch neutrale Atome. Damit gab es keine Wechselwirkung mehr zwi- schen den Teilchen (Atomen) und der Strahlung (Photonen). Man sagt auch: Die Strahlung „entkoppelte“ sich zu diesem Zeitpunkt von der Materie. Man misst diese Strahlung heute als Hintergrundstrahlung. Das Universum hatte zu diesem Zeitpunkt eine Größe von etwa 100 Millionen Licht- jahren. Weiter auseinander liegende Gebiete des Universums konnten nichts vonei- nander „wissen“ – es bestanden keine Wechselwirkung zwischen diesen Bereichen und daher auch kein kausaler Zusammenhang. Dennoch ist die aus dieser Zeit stam- mende Hintergrundstrahlung nahezu isotrop, d. h. wir empfangen aus allen Richtun- gen Strahlung derselben Temperatur. Wie ist dieser frühe Temperaturausgleich zu erklären? Eine mögliche Antwort auf diese Frage gibt ebenfalls das Inflationsmodell. d) Die Frage nach der Entstehung der Galaxien Die Computergrafik ( 137.4 ) zeigt die feinen Temperaturvariationen in der kosmi- schen Hintergrundstrahlung, welche die Messgeräte des Satelliten WMAP regist- riert haben. Regionen, in denen die Temperatur um 10 –5 K höher ist, sind rot darge- stellt, die um denselben Betrag kälteren blau. Quellen in unserer Galaxis sowie der Dopplereffekt unserer Eigenbewegung relativ zum lokalen kosmischen Ruhesys- tem wurden dabei herausgerechnet. Die Materie ist im Universum nicht gleichförmig verteilt. Man findet Sterne, Gala- xien und Galaxienhaufen. Beobachtungen ergaben, dass sich die Galaxien häufig entlang gigantischer Ketten konzentrieren. 1989 entdeckte man die „Große Mau- er“, ein 500 Mio. Lichtjahre langes Band von Galaxien. Zwischen den Galaxienan- sammlungen gibt es große Leerräume. Aus einem völlig homogenen Anfangszu- stand können zumindest nach der klassischen Physik keine Strukturen entstehen. Die Vorläufer der Galaxienansammlungen müssen aber schon sehr früh existiert haben. Die in der kosmischen Hintergrundstrahlung gefundenen Temperatur- schwankungen rühren von Dichteschwankungen der Materie zum Zeitpunkt der Abkoppelung her und sind genau von der richtigen Größenordnung ( ∆ T / T ≈ 10 –5 ), um die Galaxienentstehung durch den späteren Kollaps der ursprünglich minima- len lokalen Verdichtungen zu erklären ( 137.1 , 137.2 ). 137.4 2002 startete die NASA die Raumsonde WMAP ( Wilkinson Microwave Anisotropy Probe ). Die Sonde war in der Lage, Temperaturunterschiede von nur 20 Millionstel Kelvin zu registrieren. Das Alter des Universums konnte mit 13,7 Milliarden Jahren festgelegt werden. Aus den Aufnahmen konnte man auf das Verhältnis von ρ zu ρ c schließen. Die Analyse der Daten ergab, dass die erste Sternengeneration bereits 200 Millionen Jahre nach dem Urknall entstand, viel früher, als man angenommen hatte. Teste dein Wissen 137.1 Welche Beobachtungen sprechen für eine Expansion des Universums? 137.2 Wie wirken sich die Ereignisse in der Frühzeit des Universums auf die Gege- benheiten im heutigen Universum aus? 137.3 Welche Fragen sind in Bezug auf die Zusammensetzung und die Entwicklung des Universums noch offen? 137.1 Eine Computersimulation der wach- senden Strukturen im Universum. 137.2 Für diese Himmelskarte wurden etwa zwei Millionen Galaxien bis zu Entfernungen von zwei Milliarden Lichtjahren vermessen. Die Karte erfasst ein Zehntel des Himmels und zeigt, dass die Galaxien nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern Strukturen bilden. 137.3 Mit Hilfe des Hubble-Teleskops gelang es 2007, eine dreidimensionale Landkarte der Dunklen Materie eines Galaxienhaufens zu erstellen. Dabei wird der Gravitationslin- seneffekt genutzt: Dunkle Materie, die sich zwischen dem Teleskop und weiter entfernten Galaxien befindet, lenkt mit ihrer Schwerkraft das Licht ab. So können die Astronomen bestimmen, wo die Dunkle Materie ist, auch wenn sie nicht direkt sichtbar ist. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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