Physik compact, Basiswissen 8, Schulbuch
39 21.3 Heisenberg´sche Ungleichungen Der Wert von ħ ist so klein, dass er bei alltäglichen Beobachtungen makroskopischer Körper (Autos, Menschen, Tennisbälle, ...) nicht ins Gewicht fällt. Erst bei solchen Objekten, bei denen das Produkt von Länge und Impuls in die Größenordnung von ħ fällt, bekommt die Heisenberg´sche Ungleichung vor- rangige Bedeutung. Diese Objekte gehorchen nicht den Regeln, die wir unserer Alltagswelt entnommen haben, sondern den Regeln der Quantenphysik. Die Quantenphysik ist überall dort anzuwenden, wo der endliche Wert von ħ eine Rolle spielt; überall dort, wo der Wert von ħ durch Null angenähert werden kann, beschreibt hingegen die klassische Physik die Erschei- nungen genügend genau. A1 Gib Beispiele an, bei denen das Planck´sche Wir- kungsquantum vernachlässigt werden kann und sol- che, wo es von Bedeutung ist! Wir leiten die Heisenberg´schen Ungleichungen nicht aus grundlegenderen Lehrsätzen her, da dies den Rah- men dieses Buches sprengen würde. Vielmehr werden wir uns im folgenden mit Interpretationen und An- wendungen dieser Ungleichungen beschäftigen. Bemerkung: Die Unschärfe ist auch dann vorhan- den, wenn kein menschlicher Beobachter Messun- gen vornimmt. A2 Erkläre, warum bei klassischen Objekten die Orts- messung den Ablauf des Vorganges praktisch nicht verändert! Beispiel Messgenauigkeit Die Messgenauigkeit ist prinzipiell beschränkt: Immer dann, wenn man den Ort eines Teilchens besonders genau feststellen will, benötigt man eine Strahlung mit besonders kurzer Wellenlänge, die das Teilchen lokalisiert. Im Idealfall reicht ein Photon aus, um etwa den Ort eines Elektrons zu messen. Je genauer der Ort vermessen wird, desto kürzer muss die Wellenlänge des Photons sein. Mit abneh- mender Wellenlänge nimmt aber der Impuls des Photons zu, wodurch bei einer Wechselwirkung des Photons mit dem Elektron dessen Bewegung stark geändert werden kann. Bei dem auf S. 34 besprochenen Doppelspaltver- such führt eine genaue Messung, durch welchen Spalt die Elektronen laufen, zu so einer starken Störung der Wahrscheinlichkeitswellen, dass eine Wahrscheinlichkeitsverteilung entsteht, die der Verteilung bei Bällen entspricht. Die Messung führt zu einer Veränderung des Quantenvorganges. BW8/S34 Beispiel Wellenpaket Ein Radiosender strahle elektromagnetische Wellen einer konstanten Frequenz f kontinuierlich aus. Diese elektromagnetische Welle kann dann in guter Näherung als harmonische Welle betrachtet wer- den. Im Teilchenbild entspricht diese Radiowelle einer riesigen Anzahl von Photonen, die alle die gleiche Energie und den gleichen Impuls aufweisen. Im gesamten von der Welle erfassten Bereich halten sich derartige Photonen auf und bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit vom Sender fort. Was verändert sich nun, wenn nicht kontinuierlich gesendet wird, sondern in Pulsen mit einer Dauer von jeweils 10 –6 s? Die Radiowellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit c 0 = 3 · 10 8 m/s aus. Die einzel- nen ausgesandtenWellenzüge (Wellenpakete) haben daher eine Länge von 3 · 10 8 · 10 –6 m = 300 m. Sie entfernen sich mit Lichtgeschwindigkeit vom Sender. Im Teilchenbild lassen sich die einzelnen Pulse als Schwärme von Photonen auffassen, die vom Sen- der fortrasen. Die Ausdehnung eines derartigen Photonenschwarms entspricht der Länge des Wel- lenpakets von 300 m. Der Ort eines Photons eines Schwarms ist mit einer Genauigkeit von 300 m fest- legbar. Entsprechend der Unschärferelation folgt daraus eine Unschärfe des Impulses der einzelnen Photonen D p ≈ ħ /600 m = 1,8 · 10 –37 Ns. Die Photonen eines Schwarms haben wegen ihrer Impulsunschärfe nicht alle den gleichen Impuls und auch nicht die gleiche Energie. Die Photonen eines Schwarms lassen sich daher nicht alle zur gleichen elektromagnetischen Welle einer bestimmten Frequenz zuordnen. Vielmehr setzt sich das Wellen- paket aus Wellen verschiedener Frequenzen zusam- men. Mit p = h / m und m = c 0 / f lässt sich die Unschärfe der Frequenz berechnen: Aus p = h / m = h · f / c 0 folgt D p = h · D f / c 0 , weil h und c 0 konstant sind. Für die Frequenzunschärfe ergibt sich damit D f = D p · c 0 / h ≈ 80 kHz. Das Zerhacken der Welle in Wellenpakete führt von einer einzelnen Frequenz zu einem Frequenzband, dessen Mindestbreite durch die Unschärferelation festgelegt ist. Abb. 39.1 Wellenpakete verschiedener Frequenz Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv
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