Zeitbilder 7, Schulbuch
1. Die 1968er-Proteste Die „68er“ – ein alter Hut? Tatsächlich. Diejenigen jungen Menschen, die die „68er-Bewegung“ getragen haben, gehören heute schon zur Großelterngeneration. Die allermeisten von denen, die damals lautstark gegen das Establishment protestiert haben, sind heutzutage gut etabliert. L Die 68erInnen waren antiautoritär. (…) Ihnen ging es zentral um eine Veränderung der ge- sellschaftlichen Beziehungen: der Beziehungen zwi- schen den Geschlechtern, zwischen Kindern und El- tern, zwischen Vorgesetzten und Untergebenen oder zwischen Studierenden und Professoren. (Ebbinghaus/van der Linden 2009, S. 13) Viele Vorläufer und Ursachen Das Jahr 1968 war letztlich der Höhepunkt einer Welle von Jugendprotesten, die in den 1960er-Jahren vor al- lem die westlichen Länder, aber auch Japan und Südko- rea erfasst hatten. –– Wichtige Ausgangspunkte waren die Proteste von Stu- dierenden an US-amerikanischen Universitäten, v.a. in Berkely/Kalifornien. Dort protestierte man zunächst ge- gen die Rassentrennung und dann ab 1964 gegen den Vietnamkrieg. Die Hippie-(„Blumenkinder“-)Szene trat mit ihrer Parole „Make Love not War“ gegen den Viet- namkrieg und eine prüde Sexualmoral auf. Unterstützt durch die Entwicklung der Antibabypille propagierte man die freie Liebe und den Drogenkonsum (LSD) zur „Öffnung blockierter Erfahrungswelten“. –– In der Bundesrepublik Deutschland protestierte man bereits in den 1950er-Jahren gegen die Wiederbe- waffnung und die Eingliederung in die NATO. –– Die Elterngeneration wurde aufgrund ihrer unzurei- chenden Beschäftigung mit ihrer zum Teil nationalso- zialistischen Vergangenheit von der jungen Generati- on immer heftiger kritisiert. Gemeinsamkeiten Obwohl sich die Protestbewegungen in den einzelnen Ländern unterschieden, gab es doch wichtige gemein- same Merkmale: –– Fast in allen Staaten standen Studierende an der Spit- ze der Bewegung. An den Universitäten wurden näm- lich gesellschaftliche Veränderungen vorausgedacht. –– Das Ziel war: mehr gesellschaftliche Gleichstellung durch basisdemokratische Beteiligung. Manche strebten darüber hinaus einen grundlegenden gesell- schaftlichen Wandel auf der Basis eines erneuerten Marxismus an. –– Es war eine „rock-revolution“. Ihr „Markenzeichen“ war eine neue Jugendkultur: Ihre Kennzeichen waren die Musik des Beat und Rock, der Bruch mit den bis- her üblichen Frisur- und Kleidungsvorschriften und eine freizügige Sexualmoral, die man z. B. in Kommu- nen ausleben konnte. Damit provozierten die Jugend- lichen die Erwachsenen. Jugendlichkeit wurde von nun an ein wichtiger Wert. –– Charakteristisch waren die Protestformen des zivilen Ungehorsams: Sit-ins, Teach-ins, Happenings u.a.m. Studentenproteste, Straßenschlachten, APO In der Bundesrepublik Deutschland bildete sich ab 1967 die so genannte Außerparlamentarische Opposition (APO): Sie machte „Opposition“ (Proteste, Demonstrati- onen) auf der Straße – und nicht im Parlament. Anläss- lich einer Demonstration gegen den Schah von Persien in West-Berlin wurde der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten, der ein informeller Mitarbeiter des DDR- Staatssicherheitsdienstes war, erschossen (2. 6. 1967). Dies und das Attentat auf den charismatischen Studentenfüh- rer Rudi Dutschke (11.4.1968) verlieh der APO eine be- sondere Dynamik. Zahlreiche Straßenschlachten in West- Berlin und in großen Städten Deutschlands folgten unter dem Motto: „High sein, frei sein, Terror muss dabei sein“. L Innerhalb eines Jahres (...) radikalisierten sich junge Frauen und Männer sehr schnell, gaben sehr bald ihre „Bürgerlichkeit“ auf, trennten sich von W Symbolfiguren im Kampf gegen die kapitalistische Ordnung waren Che Guevara, der revolutionäre Freiheitskämpfer in Bolivien, Ho Chi Minh als Leitfigur des vietnamesischen Widerstandes gegen die USA und schließlich Mao Zedong. Er forderte im kommunistischen China die chinesischen Jugendlichen 1964 zur Proletarischen Kulturrevolution auf. Sie folgten seinem Ruf millionenfach als „Rote Garden“ und versetzten die damalige kom- munistische Führungsschicht in China in Angst und Schrecken. 158 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv
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