Zeitbilder 7, Schulbuch
Die Reifeprüfungsquote der Frauen (Anteil der Ma- turantinnen am Altersjahrgang) hat sich von 1986/87 (25,4%) innerhalb von 20 Jahren bis zum Jahr 2008/09 mit 46,3% fast verdoppelt. D. h. fast jede zweite Frau im Abschlussalter (18–19-jährige) hat die Reifeprüfung abgelegt. Jene der Männer ist im selben Zeitraum von 24,4% nur auf knapp ein Drittel (33,2%) gestiegen. Un- ter allen Maturantinnen und Maturanten im Schuljahr 2007/08 (39,9% des Altersjahrganges) waren rund 60% Frauen. An den Universitäten haben die Frauen die Männer im Wintersemester 1999/2000 eingeholt und in der Folge überholt: Im Wintersemester 2007/08 waren 52,4% der Studierenden weiblich. Auch in technischen und natur- wissenschaftlichen Studienrichtungen holen die Frauen auf, liegen aber noch deutlich zurück. Die verbesserten Bildungschancen der Frauen im Mittel- und Hochschulbereich dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein beträchtlicher Prozentsatz der Frauen nach der Pflichtschule ohne Ausbildung bleibt (17,1% der 25- bis 34-Jährigen), und dass sich fast die Hälfte aller Lehrabschlüsse auf bloß drei Beru- fe konzentriert (Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau, Friseurin). Im Sinne des Gender Mainstreaming (vgl. S. 161) sollten aber in der Schule und in der Jugend- arbeit Themen wie Gewalt und Aggressivität, denen junge Männer verstärkt ausgesetzt sind, vermehrt Be- achtung erfahren. Auch die Forderung nach der Einstel- lung von mehr männlichen Lehrkräften hat zum Ziel, den Burschen mehr positive Rollenvorbilder beim Bil- dungserwerb anzubieten. In den 1980er- und 1990er-Jahren: der politische Durchbruch Bereits 1979 wurde ein Staatssekretariat für allgemei- ne Frauenfragen im Bundeskanzleramt eingerichtet. Mit der Schaffung eines eigenen Frauenministeriums im Jahr 1990 gelang der politische Durchbruch. Es be- deutete dies bspw. Einspruchsrecht bei allen Minister- ratsbeschlüssen, da diese einstimmig sein müssen. Es bedeutete ein eigenes Budget zur Frauenförderung. Es ermöglichte, in die Regierungssitzung sebstständig Frauenforderungen einzubringen – z. B. hinsichtlich Ein- stellungs- und Aufstiegschancen bei berufstätigen Frau- en, hinsichtlich eigenständiger Kranken- und Altersab- sicherung auch bei Hausfrauen. Bei den letzten Regie- rungsbildungen wurden die Frauenagenden allerdings häufig mit anderen Agenden, z. B. öffentlicher Dienst, in einem Ministerium zusammengefasst. Aber eine De- mokratie bleibt unvollständig ohne Geschlechtergerech- tigkeit in den politischen Gremien. Der Frauenanteil im Nationalrat liegt in den letzten Jahren um die 30%. Bei den einzelnen Parlamentsfraktionen erreichen die Grü- nen 50%, die anderen Parteien liegen deutlich darunter. W Johanna Dohnal, 1939–2010; Frauenstaatssekretärin und später Mi- nisterin, vor einem Plakat mit dem Slogan „Jeder zweite Abgeordnete ist eine Frau“ (Fotografie, 1979). 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 in Prozent 1986/87 1988/89 1990/91 1992/93 1994/95 1996/97 1998/99 2000/01 2002/03 2004/05 2006/07 2008/09 Insgesamt Männlich Weiblich Reifeprüfung nach Geschlecht W Quelle: Statistik Austria, Schulstatistik. Erstellt am 3.3. 2011. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die wesentlichen Bestrebun- gen der Frauenpolitik in Österreich zusammen und beurteile ihre Errun- genschaften. Überprüfe anhand von aktuellen Medienberichten, wo sich noch Defizite erkennen lassen. 2. Vergleiche anhand der Grafik zur Reifeprüfung die Erfolgsraten von jungen Frauen und Männern seit Mitte der 1980er-Jahre. Achte dabei auf die zunehmenden Unterschie- de zwischen beiden Geschlechtern. Erörtere mögliche Gründe für diese Entwicklung. 163 5 Die Vielfalt der sozialen Welt Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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