Zeitbilder 8, Schulbuch
5.6 Politik gegen weltweite Armut Armut – weltweit L Die Zahl der weltweit unterernährten Menschen stieg von etwa 840 Mio. im Jahr 2005 auf über eine Milliarde im Jahr 2009 an. Dieser steile Anstieg erfolgte, obwohl in diesen Jahren nach den Daten der FAO auf der ganzen Welt gute Getreideernten eingebracht wurden. Die starke Zunahme der Zahl der Unterernährten liegt v. a. an der Preisexplosion bei den Grundnahrungsmitteln. Im Jahr 2010 ist die Zahl der Hungernden in der Welt auf ca. 930 Mio. Menschen zurückgegangen. (Nach: Ziegler: Wir lassen sie verhungern, 2012, S. 44f.) L Im Jahr 2009 leben bis zu einer Milliarde Kinder der Welt in Armut! (UN-ESA: The Millennium Development Goals Report 2009) Armut ist also nicht nur ein individuelles Problem. Ar- mut ist eine globale, weltumspannende Herausforde- rung. L Aber auch für die Länder der EU gilt: 1. Alleinzie- herinnen sind mehr als andere von Armut betrof- fen und das in allen europäischen Ländern. 2. Fami- lien mit mehreren Kindern sind in allen europäischen Ländern einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt. (Soisson, Kinderarmut in den Nachbarländern, 2010, S. 205) Nach Auffassung der Weltbank gilt eine Person als (ab- solut) arm, wenn dieser weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag in der Kaufkraft des jeweiligen Landes zur Verfü- gung steht. Das betrifft gegenwärtig ca. 1,1 Mrd. Men- schen. Wird diese Grenze bei 2,50 US-Dollar angenom- men, so gelten ca. 2,7 Mrd. Menschen, also mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung, als arm. Diese Definition der Weltbank wird im Wesentlichen zur weltweiten Einschätzung der Armut unter beson- derer Beachtung der Situation der Entwicklungsländer herangezogen. Für die Industrieländer der westlichen Welt wie bspw. die Staaten der Europäischen Union ist diese Einschätzung eher nicht angemessen. In der EU und somit auch in Österreich wird vielmehr von „Ar- muts- und Ausgrenzungsgefährdung“ gesprochen. L Die Zielgruppe der Armuts- und Ausgrenzungs- gefährdeten umfasst alle jene Personen, deren Haushalt ein Einkommen unter der Armutsgefähr- dungsschwelle (= 60% des Medianeinkommens) des jeweiligen Mitgliedsstaates hat oder zumindest vier Merkmale für erhebliche materielle Beeinträch- tigung aufweist. Zu diesen Merkmalen zählen bei- spielsweise: Zahlungsrückstände bei Mieten oder Krediten; eine Waschmaschine/ein PKW ist finanzi- ell nicht leistbar; man kann es sich nicht leisten, die Wohnung angemessen warm zu halten. Zur Zielgrup- pe zählen darüber hinaus Personen, die in Haushal- ten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität (= arbeitslos oder nur teilzeitbeschäftigt) leben. (Nach: BMASK (Hg): Sozialbericht 2011–2012, S. 268) UNO-Weltkonferenzen Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) haben 1999 die folgende Initiative gestartet: Armuts- bekämpfung sollte zu einer Aufgabe von internatio- naler Zusammenarbeit gemacht werden. Ein Poverty Reduction Strategy Paper (PRSP) erstellte länderbezo- gene Analysen. Diese Berichte waren eine der Grund- lagen für die Millennium Development Goals bei der Weltkonferenz der Vereinten Nationen im Jahr 2000 in New York. Das erste dieser „Jahrtausendziele“ war die Halbierung der Armut bis 2015. Mittlerweile ist klar, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann (vgl.: The Millennium Development Goals Report, 2009). In den UNO-Weltkonferenzen zuvor – über Menschen- rechte 1993 in Wien, zur Weltbevölkerung 1994 in Kai- ro, Weltfrauenkonferenz 1995 in Beijing – setzte sich zunehmend die Einsicht durch, dass zur Bekämpfung der weltweiten Armut eine gezielte Bevölkerungs- und Entwicklungspolitik notwendig ist. Im Rahmen einer umfassenden Entwicklungspolitik sind Verbesserungen in folgenden Bereichen besonders zu beachten: 1. Verbesserung bei der reproduktiven Gesundheit, 2. bei der Bildung und 3. bei der Gleich- stellung der Geschlechter. Reproduktive Gesundheit L (…) ist ein Zustand uneingeschränkten körperli- chen, geistigen und sozialen Wohlbefindens (...) bei allen Aspekten, die mit den Fortpflanzungsorga nen und ihren Funktionen und Prozessen verbunden sind. Das bedeutet, dass Menschen ein befriedigen- W FAO, The State of Food and Agriculture 2010–11. Rom 2011, S. 67. Asien und der Pazifische Raum 578 Mio. Afrika südlich der Sahara 239 Mio. Lateinamerika und die Karibik 53 Mio. Naher Osten und Nordafrika 37 Mio. Total 925 Mio. Industrieländer 19 Mio. Anzahl der unterernährten Menschen 2010, nach Regionen (in Millionen) 132 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv
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