Zeitbilder 8, Schulbuch

Geschehen weitgehend zurückgedrängt. So wird ihr bloß zugestanden, in der jährlichen Thronrede die Er­ klärung des Premierministers zu verlesen und repräsen- tative Aufgaben zu übernehmen. USA: präsidentielle Regierung In den USA werden sowohl die Präsidentin oder der Präsident als auch der Kongress (Parlament) jeweils auf unterschiedliche Weise vom Volk gewählt. Die Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wählen die Wahlberechtig- ten (man muss sich dazu von Wahl zu Wahl registrie- ren lassen) in den einzelnen Bundesstaaten. Diejenige Kandidatin oder derjenige Kandidat, die oder der in einem Bundesstaat die Mehrheit erhält, gewinnt damit alle Wahlmänner dieses Bundesstaates. Die Zahl der Wahlmänner hängt von der Einwohnerzahl eines Bun- desstaates ab. Die Versammlung der Wahlmänner aller Bundesstaaten wählt schließlich die Präsidentin oder den Präsidenten. Entscheidend ist also, wer die meis­ ten Wahlmänner bekommen hat. Die Präsidentin oder der Präsident ist sowohl Regierungschef als auch Staats- oberhaupt der USA. Als Staatsoberhaupt hat sie oder er politische Entscheidungsmacht. Nur bei internationalen Verträgen braucht das Staatsoberhaupt die Zustimmung des Senats, bei einer Kriegserklärung die Zustimmung des Kongresses. Sonst ist es formal vom Kongress unab- hängig. Das Staatsoberhaupt kann daher vom Kongress weder abgewählt werden (außer bei nachweislich straf- rechtlichen Vergehen mittels eines Impeachment-Ver- fahrens), noch kann es den Kongress auflösen und Neu- wahlen ausschreiben. Doch die bedeutende politische Macht des Kongresses gegenüber der Präsidentin oder dem Präsidenten liegt darin, dass der Kongress jährlich das Budget der Präsidentin oder des Präsidenten und ihrer oder seiner Administration genehmigt oder Abän- derungen verlangt. Der Kongress (Parlament) besteht aus demRepräsentan- tenhaus und dem Senat. Im Senat sind je zwei Abgeord­ nete eines Bundesstaates vertreten (100 Senatoren – je- weils für sechs Jahre gewählt). Das Re- präsentantenhaus wird alle zwei Jahre nach dem Mehrheitswahlrecht (vgl. Großbritannien) gewählt. Die Zahl der Abgeordneten, die von den einzel- nen Bundesstaaten entsandt werden, hängt von der Einwohnerzahl des je- weiligen Bundesstaates ab. Neben dieser horizontalen Gewalten- teilung kennen die USA auch eine ver- tikale. Die einzelnen Bundesstaaten verfügen über zahlreiche Rechte und besitzen auch ihre eigene Verwaltung. Sie haben z. B. eigene Steuergesetze, unterschiedliche Strafgesetze (z. B. To- desstrafe in einzelnen Bundesstaaten). Zusätzlich zur exekutiven und legisla- tiven Gewalt kommt in den USA dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court) eine erhebliche Bedeutung zu. Der Su- preme Court kann weitgehend in die Gesetzgebung eingreifen und damit Grundlinien der Politik vorgeben. Eine solche Grund- satzentscheidung war jene gegen die Rassendiskriminie- rung (1954). Es wurde verfügt, dass öffentliche Schulen oder Verkehrsmittel für Menschen jeder ethnischen Zu- gehörigkeit gleichermaßen zugänglich sein müssen. Frankreich: zweigeteilte Regierungsgewalt Das politische System Frankreichs ist jenes parlamenta- rische System in Europa, in dem seit 1958 (Beginn der V. Republik) das Staatsoberhaupt (Präsidentin oder Prä- sident) die zentrale Figur darstellt. Das Staatsoberhaupt gibt die Leitlinien der Politik für die Regierung vor; es ernennt die Ministerpräsidentin oder den Ministerprä- sidenten oder beruft diese oder diesen auch ab. Dabei muss das Staatsoberhaupt die Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung (Parlament) beachten. Es wird direkt vom Volk mit absoluter Mehrheit gewählt. Für die Wahl der Abgeordneten zur Nationalversamm- lung gilt das Mehrheitswahlrecht. Obwohl die Regionen Frankreichs eine große kulturelle Vielfalt aufweisen, er- folgt die Verwaltung stark zentralistisch. Vom Volk di- rekt gewählte Mandatare in den Regionen haben kaum Mitspracherechte in der Zentrale in Paris. W  Elisabeth II. bei der jährlichen Thronrede im Parlament. Fotografie, 2010. W  Das Weiße Haus in Washington, der Amtssitz des Präsidenten der USA (Fotografie, September 2008). 87 3 Weltpolitik der Gegenwart Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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