Killinger Literaturkunde, Schulbuch

107 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 Die alten Särge leuchten in der dunkeln Verwesungsgruft, wie faules Holz; Wie matt die großen Silberschilde funkeln, Der Fürsten letzter Stolz! Da liegen Schädel mit verloschnen Blicken, Die ehmals hoch herabgedroht, Der Menschheit Schrecken! denn an ihrem Nicken Hing Leben oder Tod. Nun ist die Hand herabgefault zum Knochen, Die oft mit kaltem Federzug Den Weisen, der am Thron zu laut gesprochen, In harte Fesseln schlug. Zum Totenbein ist nun die Brust geworden, Einst eingehüllt in Goldgewand, Daran ein Stern und ein entweihter Orden Wie zween Kometen stand. Vertrocknet und verschrumpft sind die Kanäle, Drin geiles Blut wie Feuer œoss, Das schäumend Gift der Unschuld in die Seele, Wie in den Körper goss. Sprecht, Höœinge, mit Ehrfurcht auf der Lippe Nun Schmeichelei’n ins taube Ohr! Beräuchert das durchlauchtige Gerippe Mit Weihrauch, wie zuvor! Er steht nicht auf, euch Beifall zuzulächeln, Und wiehert keine Zoten mehr, Damit geschminkte Zofen ihn befächeln, Schamlos und geil, wie er. 7. Besprechen Sie, wie das Gedicht an der Herrschaft der Fürsten in der damaligen Zeit Kritik übt: • Beschreiben Sie, welche Vision dem Gedicht zugrunde liegt. • Analysieren Sie, welchem gedanklichen Aufbau die Strophen 7 bis 11 (Vers 9 bis 28) folgen. • Illustrieren Sie, worin sich der unbändige Tyrannenhass ausdrückt. • Recherchieren Sie, wie heute mit Systemkritikerinnen und -kritikern umgegangen wird. Der durch seine Balladen berühmt gewordene Gottfried August Bürger (1747 – 1794) kehrte die traditionelle Fürstenhuldigung in eine Anklage um. Fürstenbeschimpfungen dieser Art wurden in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts populär. Umkehr des Huldigungsgedichts qg3y4k DER STURM UND DRANG | 1770 – 1785 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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