Literaturräume, Schulbuch
führung die Handlung ins Mittelalter. Zur Premiere am 13. Jänner reist Schiller heimlich nach Mannheim. Carl Eugen erfährt davon, lässt Schiller für zwei Wochen einsperren, verbietet ihm zu schreiben. Schiller bittet darauf hin den Herzog brieflich, weiter veröffentlichen zu dürfen: 111 Der leseraum Durchlauchtigster Herzog, Gnädigster Herzog und Herr Friedrich Schiller, Medikus bei dem löblichen General-Feldzeugmeister vom Augéischen Grenadier- regiment bittet untertänigst um die gnädigste Erlaubnis, ferner literarische Schriften bekanntma- chen zu dörfen. Eine innere Überzeugung, dass mein Fürst und unumschränkter Herr zugleich auch mein Vater sei, gibt mir gegenwärtig die Stärke, Höchst- demselben einige untertänigste Vorstellungen zu machen, welche die Milderung des mir gnädigst zugekommenen Befehls, nichts Literarisches mehr zu schreiben oder mit Ausländern zu kommunizieren, zur Absicht haben. […] Der allgemeine Beifall, womit einige meiner Ver- suche vom ganzen Deutschland aufgenommen wurden, welches ich Höchstdemselben untertänigst zu beweisen bereit bin, hat mich einigermaßen veranlasst, stolz sein zu können, dass ich von allen bisherigen Zöglingen der großen Karls-Akademie der erste und einzige gewesen, der die Aufmerksamkeit der großen Welt angezogen und ihr wenigstens einige Achtung abgedrungen hat – eine Ehre, welche ganz auf den Urheber meiner Bildung zurückfällt! Hätte ich die literarische Freiheit zu weit getrieben, so bitte ich Euer Herzogliche Durchlaucht alleruntertänigst, mich öffentliche Rechenschaft davon geben zu lassen, und gelobe hier feierlich, alle künftige Produkte einer scharfen Zensur zu unterwerfen. […] Der ich in allerdevotester Submission ersterbe Euer Herzoglichen Durchlaucht untertänigst treugehorsamster Fried. Schiller, Regimentsmedikus. Carl Eugen verweigert die Annahme des Gesuchs, weiter schreiben zu dürfen, droht mit Arretierung. Schiller flieht endgültig außer Landes. Die wüste Handlung der „Räuber“ und die Begeisterung des Publikums Das Publikum war von den „Räubern“ begeistert. Ein Zeuge berichtet: „Aus der ganzen Umgebung von Heidelberg, Darmstadt, Frankfurt, Mainz, Worms, Speyer usw. waren die Leute zu Ross und Wagen herbeigeströmt, um dieses berüchtigte Stück zu sehen. Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, geballte Fäuste, stampfende Füße, heisere Schreie im Zuschauerraum! Fremde Menschen fielen sich in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Türe. Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung hervor- bricht.“ Natürlich war der Inhalt spannend. Da herrscht Psychoterror gegen den Vater. Franz Moor, Zweitgebore ner, zurückgesetzt, richtet den Vater psychologisch zugrunde: Er verleumdet und entfremdet ihm den Erstgebo renen Karl. Der wird vom Vater aufgrund gefälschter Briefe verflucht. Karl wird zum Räuberhauptmann und, als eine Art Robin Hood, zum Rächer der Geschundenen und Entrechteten. Der Vater wird vom Zweitgeborenen in einen Turm gesperrt, wo er verhungern soll, wird aber von Karl entdeckt. Bald erfährt der alte Moor, dass sein Sohn Karl Räuber ist, er überlebt diese Nachricht nicht. Karl ersticht seine Geliebte Amalie auf deren Wunsch. Karl hat einen Eid geschworen, dass er die Räuberbande nie verlassen werde. Somit ist für Amalie ein Leben mit Karl unmöglich geworden. Karl stellt sich den Gerichten. Die Sicherheit, richtig gehandelt zu haben, hat Karl, ganz im Gegensatz zu Goethes Götz, nicht. Am Ende erkennt er, „dass zwei Menschen wie ich den ganzen Bau der sittlichen Welt zugrunde richten würden“ . Die unerhörte (Körper)sprache Ekstatisch, voller Emotionen, Kraftausdrücke sind verbale Sprache und Körpersprache der Personen. Eine für das Publikum bisher nicht vorstellbare Vitalität der Figuren ersetzt die Rationalität und Beherrschtheit der Auf klärungsdramen. „Fürchterliche Blicke“ werden aufeinandergeworfen, für Treuebezeugungen werden die Kleider 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 AUFGABEN > Markieren Sie die Vokabel, die Unterwerfung und Untertänigkeit ausdrücken! > Bezeichnen Sie die Stelle, an der Schiller Argumente für sein Schreiben vorbringt! > Wozu wäre Schiller bereit, wenn er nur schreiben dürfte? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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