Literaturräume, Schulbuch
Der leseraum 1 „Was macht das Unglück in der Welt? Wenn sich die Menschen als bloße Konkurrenten sehen!“ Ferdinand Raimund: „Der Verschwender“ (1834) Zwei Vorgänger des „Verschwenders“ In Raimunds Dramen entsteht menschliches Leid oft durch die Jagd nach Besitz. Er macht die Menschen hart, Hass und Neid begleiten die Gier nach Geld. Um seine Personen zu dieser Einsicht kommen zu lassen, setzt Raimund ganze Feenversammlungen und Himmel voller Geister ein, wie in „Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär“ (1826) und „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (1828). Dieses Drama zeigt besonders deutlich die Entfremdung, unter der die Menschen leiden, wenn sie sich als Konkurrenten um das große (materielle) Glück sehen. Der ursprünglich gute, dann aber zum Menschenfeind gewordene Rappelkopf kann überall nur mehr Anschläge auf sein Leben vermuten. Ein simples Küchenmesser sieht er als eine Mordwaffe an, den Diener als seinen künf tigen Mörder. Und das Schlimme daran: Mit Ausnahme des Misstrauens seiner Familie gegenüber ist dieser Arg wohn gerechtfertigt. Doch das größte Vergehen ist die Entfremdung von sich selbst, der Verlust an Selbster kenntnis. Wenn der misstrauische Menschenfeind meint, „ich bin ein Mensch, so süß wie Zuckerkandel 1 ist, […] ich trage keine Schuld“ , so muss er sich vorwerfen lassen: „Die größte, denn du kennst dich selber nicht.“ Der Verschwender: eine Märchenhandlung Ein reicher Adeliger (Flottwell), der von einer Fee (Cheristane) mit Reichtum überschüttet wird, aber das Geld verschwendet, verarmt und auswandert, ein geldgieriger Diener (Wolf), der das Schloss Flottwells auf dubiose Weise an sich bringt, ein anderer Diener (Valentin), ehrlich, tüchtig, der sich mit seiner Frau als Tischlermeister eine bescheidene, aber sichere Existenz aufbaut und den zurückgekehrten verarmten Flottwell wieder aufnimmt, und schließlich wieder die Fee, die Flottwell den verschwendeten Reichtum zurückgibt, bilden das „Inventar“ von Raimunds meistgespieltem Stück. Die Mahnung des Hobellieds Im „Hobellied“ erhält Raimunds Kritik am Jagen nach materiellen Dingen ihren berühmtesten Ausdruck. Der Autor platziert seine Kritik dramaturgisch gekonnt in den letzten Akt. 189 DIe lIteraturübersIcht 1 | Der leseraum Beobachter der sozialen Veränderungen im Bauernstand, und in Westfalen mit Annette von Droste-Hülshoff (1797–1848) und ihrer Erzählung „Die Judenbuche“ (5) . 1 Kandiszucker Ferdinand Raimund AUFGABEN > Untersuchen Sie das „Hobellied“ auf folgende Aspekte: Welchen in der Gesellschaft geltenden Werten erteilt Valentin eine Absage? Wie beeinflussen diese Werte seiner Ansicht nach die menschlichen Beziehungen? Was bedeutet für diese Gesellschaft „Glück“? Was ist im menschlichen Leben nicht berechenbar? > Beschreiben Sie Valentins Lebensauffassung! Würden Sie ihr zustimmen? Begründen Sie Ihre Meinung! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv
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