Literaturräume, Schulbuch
38 DIe lIteratur Des hohen mIttelalters (1170–1250) Der fokus Wie eine frouwe wie Isolde gekleidet war Isolde ist schön Als Tristan Isolde für Marke abholen soll, gibt Gottfried von Straßburg eine genaue Beschreibung der Schönheit von Isolde und ihrer Kleidung: Sie trug aus braunem Samt einen Mantel und ein Kleid, geschnitten nach französischer Art. Das Kleid war dort, wo es an der Seite den Hüften auflag, gefranst und eng gehalten, dicht an den Körper geführt mit einem Gürtel […] Das Kleid passte ihr wie eine zweite Haut, es schmiegte sich dem Körper an. Nirgendwo trug es auf, sondern legte sich überall eng an, von oben bis unten. Es schlug Falten und drapierte sich zu den Füßen so üppig, wie jeder von Euch wünscht. Der Mantel war sorgfältig mit weißem Hermelin innen ganz ausgeschmückt in wellenartigen Streifen. Wo die Spangen hingehörten, war eine kleine Schnur aus weißen Perlen. Dort hatte die Schöne den Daumen ihrer linken Hand eingehängt. Die Rechte hielt sie etwas tiefer, Ihr wisst schon, wo man den Mantel schließen soll. Sie hielt ihn vornehm geschlossen mit zwei Fingern. […] Ich glaube, Isolde hat da viele Männer ihrer Sinne beraubt. Diese Darstellung entspricht verblüffend genau einer der berühmtesten Frauenfiguren der mittelalterlichen Kunst, nämlich der Skulptur der Markgräfin Uta aus dem Naumburger Dom, Mitte des 13. Jahrhunderts. grenzenlos Was aus „frouwe“, „wîp“, „dame“, „herre“ geworden ist Die alten Wörter haben sich verändert Besonders in Zusammenhang mit der Minnnelyrik sind Sie Begriffen wie „wîp“, „herre“ begegnet. Die Wortgestalt hat sich gegenüber den entsprechenden modernen Wörtern sichtlich verändert, noch mehr allerdings die Be deutung, wie die folgenden Informationen zeigen. Die Frau Der Begriff Frau, mittelhochdeutsch „frouwe/vrouwe“ , bedeutete ursprünglich Herrin. Er ist die weibliche Form zu dem germanischen Wort *fraujan – das Sternchen zeigt an, dass das Wort nicht belegt, sondern von der Sprachwissenschaft „rekonstruiert “ ist. Die männliche Form – althochdeutsch „frô“ – ist früh verschwunden und nur mehr in Zusammensetzungen und Redewendungen wie Frondienst , Fronleichnam und einer Sache frönen erhalten. Als Verkleinerungsform von Frau abgeleitet ist Fräulein , mittelhochdeutsch „vrouwelîn“ , das zunächst eine unverheiratete Frau aus vornehmem Stand bezeichnet. Im 19. Jahrhundert wird Fräulein auch zum Namen für Mädchen bürgerlichen Standes, die bis dahin oft Mamsell und Demoiselle genannt wurden. Markgräfin Uta aus dem Dom zu Naumburg 2 4 6 8 10 12 14 > Vergleichen Sie Beschreibung und Abbildung! AUFGABE Nur zu Prüfzweck n – Eig ntum des Verlags öbv
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