Literaturräume, Schulbuch

397 Der leseraum 17:29 – Showdown, letzter Teil: Erich Wackernagel Und die Tür [des Supermarktes] öffnete sich […], und ein Mann kam heraus, neben sich eine Frau, eine Flasche in seiner Hand, eine zerbrochene Flasche, und von der Flasche oder der Hand oder der Frau rann Blut, färbte das ohnehin großflächige Muster seines Flanellhemdes freigiebig ein, und die Kugel des Streifenpolizisten, die ihn in den Unter- leib traf (denn das war der am weitesten von seiner vermutlichen Geisel entfernte Rumpfkörperteil), war sicher gut gemeint (freundlich), denn man musste davon ausgehen, dass das Leben der Frau auf dem Spiel stand; die Spezialkräfte waren noch unterwegs, und so handelte der Polizist sicherlich nach bestem „Wissen und Gewissen und der Situation entspre- chend“, und niemand hätte ihm einen Vorwurf machen können. Im Übrigen ging alles sehr schnell. Erich Wackernagel brach sofort zusammen, und unter seiner in den Unterbauch gepressten Hand breitete sich ein dunkler Feuchtigkeitsfleck aus. Dutzende Handys wurden von den hinter der Absperrung Wartenden etwa zeitgleich in Betrieb genommen, ein solches Schauspiel sah man nicht alle Tage, und es gab viele, die darüber informiert werden wollten. Die rothaarige Frau hatte sich auf den Angeschossenen gestürzt. Stockholm-Syndrom, sagte der Redakteur des Regionalsenders zu Luise, die starr dastand, als ob sie jedes Zittern im Ansatz ersticken wollte. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 AUFGABEN > Erklären Sie den Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Luise H.W. und dem Schuss auf Wackernagel! > Klären Sie mit Hilfe des Internets den Begriff „StockholmSyndrom“. Wieso „Kollateralschaden“? Der militärische Begriff „Kollateralschaden“ bezeichnet nicht beabsichtigte „Begleitschäden“ von Kriegshand­ lungen, etwa wenn eine Kriegsseite bei einem Angriff auch eigene Soldaten oder Zivilisten tötet. Flor führt die „Kollateralschäden“ unserer Gesellschaftsordnung vor. Diese setzt die Menschen unter Druck, stets erfolgreich zu sein, so dass sie einander als bloße Instrumente sehen, mit deren Benützung man sich selbst Vorteile verschaf­ fen kann und zu denen man stets in Konkurrenz steht. Das Wartenmüssen an der Supermarktkasse wird als persönliche Zurücksetzung empfunden, während man nichts daran findet, sich vorzudrängeln, um den anderen seine Überlegenheit zu beweisen. Soziales Mitgefühl gibt es nicht. Die vor dem Markt kauernde Bettlerin wird gerade von denen attackiert, die selbst in der gesellschaftlichen Hierarchie ganz unten stehen, wie dem Rentner Horst oder dem Obdachlosen Anton. So erklären sich auch Erich Wackernagels Gewaltfantasien und Sensations­ gier, die aus einem Bubenstreich einen „Anschlag“ machen, den er journalistisch „verwerten“ möchte. So erklärt sich auch Luises Egotrip, der alles dem Ziel des politischen Aufstiegs unterordnet und mit seiner konstruierten und manipulativen „Terrorvermutung“ Mos Parkour zum tödlichen Ende eskalieren lässt. Den Schlusspunkt setzt der SupermarktLehrling Tobias. Er zieht Mo, der blutend und sich erbrechend auf dem Boden liegt und um den sich niemand kümmert, die von ihm bewunderten Sneakers aus: Tobias erhob sich und stieg bedächtig über den Körper, drehte sich nicht um, […] umschiffte auslaufende Flaschen und Nudelpakete, die sich zu Hügeln türmten, aus denen an unvermuteten Stellen Metallteile ragten, wich der roten Lache aus, die sich unter einer aufgeplatzten Dose ausbreitete, […] und freute sich darüber, dass die Schuhe so gut passten, dass sie den Zehen auch beim Abbiegen noch Platz ließen, ohne am Rist zu weit zu sein. So etwas findet man selten auf Anhieb. 2 4 6 8 10 AUFGABEN > Erklären Sie, ausgehend von den in „Kollateralschaden“ erwähnten Begriffen wie saut de précision, reverse, tictac, franchissement , die Fachbegriffe des Parkour, zum Beispiel mit Hilfe der Seiten http://www. letraceur.net/ oder http://www.parkour.de/. Diese Seiten bieten Ihnen zu jeder Grundbewegung auch ein Video. Die erstgenannte Seite informiert spezifisch zu Parkour in Österreich. Klicken Sie auf dieser Seite auch auf den Button „Parkour Philosophie “ und fassen Sie zusammen, was Parkour mit dem Begriff „Respekt“ meint. > Besuchen Sie auch http://de.wikipedia.org/wiki/Parkour und geben Sie mündlich einen Überblick über Herkunft, Geschichte und „Philosophie“ des Parkour sowie über Filme, in denen Parkour eine Rolle spielt. Nur zu Prüfzwecken – E igentum des Verlags öbv

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