Literaturräume, Schulbuch
22 „Warum fühlte er sich zuhause fremder als hier? Es musste etwas mit dem Einander-gelten-Lassen der Menschen zu tun haben.“ Walter Kappacher: „Selina oder Das andere Leben“ (2005) Literatur ist nicht Fußball „Der Literaturbetrieb funktioniert nicht wie der Fußball. Dort wird durch ein ausgeklügeltes Scoutsystem verhindert, dass ein Talent unentdeckt bleibt – auch, weil viel Geld im Spiel ist. Nicht so im Literaturbetrieb, wo sich oft die durchsetzen, die sich den Regeln des Spiels bedingungslos und ungeniert unterwerfen. Die Stillen, die Leisen, denen der Prozess des Schreibens wichtiger ist als dessen Vermarktung, bleiben dagegen oft von den Kritikern und Lesern unbeachtet. […] Walter Kappacher ist wohl einer von ihnen.“ So charakterisiert der Kritiker Peter Landerl die ge ringe Bekanntheit Walter Kappachers. Ein wenig geändert hat sich diese mangelnde Aufmerksamkeit erst, als Kappacher 2009 einen der angesehensten Literaturpreise des deutschen Sprachraums bekam, den von der Deut schen Akademie für Sprache und Dichtung verliehenen GeorgBüchnerPreis. 407 Der leseraum In der Stunde bei den Felsbienen blieb es im Umkreis nicht lange so mittagsstill. Gerade an dem Tag fand in Paris wieder eine Friedenskonferenz zu einem der Bürgerkriege statt, und der Luftraum über der Sieben-Flugplätze-Gegend war bald erfüllt von dem Klirren und Knattern der Hubschrauber, welche die Vertreter der Kampfparteien zwischen Villacoublay, Buc, Toussus-le-Noble, Guyancourt, St. Cyr-L’École und dem Elysée-Palast hin- und herbrachten. Aber auch während dann pausenlos die Geschwader über die Baumwipfel flogen, horchte ich einzig auf das Wildbienenvolksgetöse im Felsblock – ähnlich dem Kindheitssummen seiner- zeit in den Telegraphenmasten, nur eben […] ein Lebendgeräusch, ein Schall vor jedem Schall –, stampfte dazu auf und wünschte uns sämtlich solch ein Tönen in das Ohr, in den Schädel, in das Herz […]. 38 40 42 44 46 48 50 52 54 AUFGABEN Literaturpreise und Stadtschreiber/innen Preise sind eine wichtige Basis für die schriftstellerische Arbeit. Die folgende Übersicht zu einigen wichtigen Preisen gibt den Stand von 2011 wieder. Österreich: Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur; Dotierung 30.000 € IngeborgBachmannPreis; 25.000 € ManuskriptePreis; 12.000 € FranzNablPreis; 14.500 € ErnstJandlPreis; 14.600 € GertJonkePreis; 15.000 € PeterRoseggerLiteraturpreis; 22.000 € GeorgTraklPreis; 7.300 € MariannevonWillemerPreis – nur an Autorinnen verliehen; 3.600 € Deutschland: Friedenspreis des Deutschen Buchhan dels; 25.000 € Deutscher Buchpreis; 25.000 € FriedrichHölderlinPreis; 20.000 € GeorgBüchnerPreis; 40.000 € Kleistpreis; 20.000 € Seit einigen Jahren laden Städte Autorinnen und Autoren für eine bestimmte Zeit zu einem Schreibauf enthalt ein. Kostenloses Wohnen ist meist mit einem Preisgeld oder einer monatlichen Zuwendung und einer dichterischen Aufgabe verbunden, die am Ende des Aufenthalts abzuliefern ist. In Österreich laden zum Beispiel Graz, Schwaz, Klagenfurt, Vöcklabruck Stadtschreiber/innen ein. INFO > Welche unterschiedlichen Klänge und Geräusche nimmt der Autor wahr? Welche Geräusche werden als Symbol der auf den Menschen eindringenden Politik und Gesellschaft ausgeblendet? > Schlagen Sie nach, was der Begriff der „Sphärenmusik“/„Sphärenharmonie“ in Naturwissenschaft (Astro nomie) und Philosophie bedeutet. > Schreiben Sie in freier Form einen Text zu Handkes Gedanken „Die Welt im Gehen, Schauen, Bedenken, Betrachten, Weitergehen stellt sich anders dar als die Welt in den Zeitungen“! > In „Nachmittag eines Schriftstellers“ erzählt der Autor von Ereignissen im Jahreslauf, die ihm besonders wichtig sind: „der erste Zitronenfalter im Vorfrühling, der erste Kuckucksruf im Mai, das erste Unters-Wasser- Tauchen im Sommer, der erste Biss in einen Herbstapfel“ . Welches (erste) Ereignis im Jahr ist Ihnen wichtig? Berichten Sie darüber in freier Form in einem kurzen Text! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=