Literaturräume, Schulbuch

DIe DIchtung Des spätmIttelalters (1250–1450) Risse in der höfischen Welt und das Ende des Rittertums 1250 Ende der Herrschaft der Staufer­ kaiser und der Blüte der Ritter; Rückgang der Macht des Kaisertums im Macht­ vakuum des Interregnums (1254–73); Entwicklung der Städte. 1453 Eroberung Konstantinopels: Griechische Gelehrte bringen neue Kenntnisse von der Antike nach Europa; Beginn der europäischen Renaissance. 41 Das funDament Das Ende der Ritter Soziale Veränderungen zerstören das Lebensgefüge der Ritter Das Aufkommen der Städte mit dem Handel und Gewerbe treibenden Bürgertum ab dem späten 13. Jahrhun­ dert erschütterte den Ritterstand. In den Städten selbst entstanden soziale Spannungen zwischen der armen Bevölkerungsmehrheit und der Minderheit reicher Kaufleute und adeliger Kleriker. Pest und Seuchen zerstörten das idealistische Lebensgefühl des hohen Mittelalters zusätzlich. Der hochmittelalterliche Autor Freidank hatte um 1230 noch von der gottgewollten Einteilung der Menschen in drei Stände sprechen können: „Got hat driu leben geschaffen / gebûren, ritter unde paffen.“ Die Kaufleute wurden als „wuocher“ – Wucherer – bezeichnet, ge­ schaffen durch die List des Teufels. Diese klare soziale Ordnung gerät ins Wanken. Aufbegehren, Ausstieg und gesellschaftlicher Aufstieg sind aber nur selten möglich. Militärische Veränderungen machen den Ritterstand verwundbar Um 1330 werden in kriegerischen Auseinandersetzungen die ersten Gewehre und Geschütze verwendet. Ihnen können die Ritterrüstungen und Burgen kaum mehr standhalten. Im Laufe des 14. Jahrhunderts entwickelt sich außerdem eine neue Kriegstaktik. Fußtruppen, die zum Teil als Söldner auf Gewinnbasis kämpfen, werden in die Schlachten geworfen. Ihre Überlegenheit gründet sich auf zwei Faktoren: ihre große Zahl und ihre Missachtung der Regeln ritterlich „fairer“ Kriegsführung. DIe lIteraturübersIcht Das Verschwinden der höfischen Epen Alltagserzählungen, Mystik, Predigt, Auflösung des Minnesangs Die großen höfischen Epen verschwinden aus der Literatur. An ihre Stelle treten Kleinepen, die „mæren“. Ihre Themen stammen aus dem Alltagsleben, sie sind oft für moralische Nutzanwendung gedacht: Bestrafung der Undankbaren, der Eigennützigen, die Ordnung Übertretenden. Meist sind sie ohne Verfasser überliefert, zu den namentlich bekannten Autoren gehört der Oberösterreicher Wernher der Gartenære . Sein „Helmbrecht“ ist ein Höhepunkt der realistischen Erzählkunst des 13. Jahrhunderts (1) . Auch eine betonte Frömmigkeit charakteri­ siert die Epoche. Hungersnöte, Pest, Brände in den Städten wurden als Strafe Gottes betrachtet, vielfach wurde das Ende der Welt erwartet. Mystiker wie Meister Eckhart (um 1260 bis 1327/29) und Johannes Seuse (um 1295 bis 1366) versuchten in ihren Schriften Gott in persönlicher Versenkung und Ekstase zu erleben und auf diese Weise Sicherheit im Glauben zu finden. Die Predigtliteratur griff die auf Profit gerichtete Geldwirtschaft an, wel­ che die Solidarität mit den Armen zerstörte. Die realistische Darstellung des Alltags kennzeichnet auch die Lyrik der Zeit, als deren Höhepunkt die Lieder Oswalds von Wolkenstein (2) gelten. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=