Literaturräume, Schulbuch

414 DIe gegenWartslIteratur – mIt österreIchschWerpunkt [1.] Ingeborg Bachmanns Tagebuchaufzeichnungen aus den letzten Kriegsmonaten und aus der Zeit der Befreiung durch die British Army sind als Schreib- maschinentyposkript überliefert. Die sechs engzeilig beschriebenen DIN-A4-Blätter befinden sich im Privatnachlaß der Geschwister. […] [2.] Der Beginn der Aufzeichnungen läßt sich anhand Ingeborg Bachmanns Eintritt in die Lehrer- bildungsanstalt datieren (September 1944), mit dem sie die Gefahr, »nach Polen« zu müssen, abwendete. […]. Der nächste Absatz, »Gestern ist das grösste Geschwader gekommen«, muss sich in diesem zeitlichen Kontext auf die Bombardierung Klagen- furts am 15. März 1945 beziehen. An diesem Tag, und zuvor am 16. Januar, flogen die Alliierten die schwersten Luftangriffe auf Klagenfurt. […] [3.] Die folgenden Absätze des Tagebuchs handeln vom Terror der NS-Funktionäre gegen die Zivilbe- völkerung bei der Verteidigung von Klagenfurt und von Formen des passiven Widerstands freundschaft- lich verbundener junger Frauen, darunter Ingeborg Bachmann. Der letzte Absatz des ersten Tagebuch- teils hält die Vorbereitungen zur Flucht ins Gailtal fest, wo der Vater in Obervellach (einem Ortsteil der zu Hermagor gehörenden Katastralgemeinde Vellach) ein kleines Haus besaß, das die Familie sonst in den Ferien nutzte. […] [4.] Der Tagebuchtext wird in genau jener Anord- nung der Absätze wiedergegeben, wie sie im Typo- skript getroffen wurde. Stillschweigend korrigiert sind nur offensichtliche Verschreibungen; vergessene Wörter werden in eckigen Klammern ergänzt. Beibehalten wurde auch das doppelte »s«, weil die Schreibmaschinentastatur offensichtlich über kein »ß« verfügte. […] [5.] Einige wenige Namen, die Teil von im Tagebuch notierten Gerüchten sind, werden aus Gründen des Schutzes des Persönlichkeitsrechts nur mit Initialen wiedergegeben. […] [6.] Grammatik und Orthographie der Briefe von Jack Hamesh wurden genau wiedergegeben. Der möglichst diplomatische [buchstaben- und zeichen- getreue] Abdruck soll auf der Ebene der Sprache die Geschichte eines mit achtzehn Jahren aus der deutschen Sprache, genauer: aus dem österrei- chischen Deutsch verstoßenen Juden dokumentie- ren, dem die Muttersprache nicht mehr selbstver- ständlich zur Verfügung steht. Seiner Briefsprache sind Eigenheiten der gesprochenen Sprache in Wien abzulesen (etwa der häufige Akkusativ anstelle des Dativs). […] [7.] Der Versuch einer möglichst großen Annähe- rung an die originale Textgestalt ist nicht nur der Dokumentation geschuldet, sondern auch dem Wunsch, die Briefschrift eines aus der deutschen Sprache vertriebenen, weitgehend unbekannten jungen Mannes mit einer ähnlichen Sorgfalt zu behandeln wie die Texte der bedeutendsten Schrift- steller. Umso schmerzlicher ist es, daß bis jetzt keine Spuren seines Lebens aufzufinden waren. Der Name Hamesh – die hebräische Version des Familienna- mens »Fünfer«? – ist in Israel gänzlich ungeläufig. Vielleicht wird diese Edition dazu beitragen, mehr über Jack Hamesh in Erfahrung zu bringen. [8.] Für ihre große Hilfsbereitschaft und die Unterstützung meiner editorischen Arbeit gilt mein herzlicher Dank den Geschwistern Ingeborg Bachmanns, Isolde Moser (Kötschach) und Heinz Bachmann (Abingdon und Bratislava), Anne Betten (Universität Salzburg), […] Marina Jamritsch (Professorin am Gymnasium in Hermagor) […]. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 AUFGABE > Ordnen Sie die folgenden Angaben den jeweiligen Absätzen zu: Der Herausgeber  informiert darüber, in welcher ursprünglichen Form und Ausführung der Originaltext vorliegt  muss manchmal – zum Beispiel aus juridischen Gründen – Eingriffe in den Originaltext vornehmen  informiert darüber, wann der Text entstanden ist  erklärt eventuell für die Leser/innen unklare Inhalte und Zusammenhänge  erklärt, wie/ob er orthographische oder grammatische Eigenheiten des Originaltextes belässt oder zum Beispiel den gängigen Rechtschreibregeln anpasst  stellt im Zusammenhang mit den Autoren/Autorinnen des Originaltextes geschichtliche Recherchen an  braucht für seine Arbeit häufig die Unterstützung engagierter anderer Personen Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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