Literaturräume, Schulbuch

416 die gegenwartsliteratur – mit österreichschwerpunkt Brief 440; 18. Januar 1982 Lieber Thomas Bernhard,
 Ihr Brief vom 7. Januar ist heute hier eingegangen. […] Was Ihre […] Anweisungen betrifft, so hätten diese so weitgehende Konsequenzen, daß man sie wohl nicht in vier Briefzeilen erledigen kann. Außerdem haben wir ja einen Vertrag geschlossen, der Ihr bisheriges Werk umfaßt und der rechtsgültig ist. Ich wiederhole meinen Vorschlag, daß wir uns an einem Ihnen angenehmen Ort sehen und sprechen. Mit herzlichen Grüßen Ihr Siegfried Unseld

 P. S.: Einen Scheck über DM 20.000,– füge ich diesem Schreiben bei.
 441; Telegramm von Thomas Bernhard an Siegfried Unseld um den 28. Januar 1982 kommen sie am 9. februar verfluchter
 thomas bernhard Brief 482; 1. August 85 Lieber Siegfried Unseld, […] [Ich erlaube] es mir auch, zu sagen, dass die heutige literarische Produktion insgesamt einen Tiefpunkt und eine Geschmacklosigkeit erreicht hat, wie seit Jahrhunderten nicht. Ich hoffe, Sie sehen das auch. Lauter kitschiger und kopfloser Schmarren wird gedruckt, das ist über so viele Jahre schon deprimie- rend. Die Schriftsteller sind kunstlose Dummköpfe und die Kritiker sentimentale Schwätzer. […] Ihr Prosa- und Theaternarr Thomas B. Brief 485; 26. November 85 Lieber Doktor Unseld, wenn ich bedenke, mit was für einem gigantischen Werbeaufwand Sie sich über drei Monate lang für Herrn Walsers Buch [den Roman „Brandung“ von Martin Walser] ins Zeug legen, während Sie für meine „Alten Meister“ fast nichts getan haben, obwohl Sie wissen, dass heute Werbung beinahe alles ist, könnte mir die Lust an einer Zusammenarbeit mit dem Verlag schon vergehen. Aber ich schreibe ja für mich und nicht für den Verleger und um Geld geht es ja wirklich nicht. Auch sonst haben Sie mich und meine Arbeit tatsächlich, wie gesagt wird, im Regen stehen lassen. Die Lebenszeit ist zu kurz, um sie mit Gezeter und Geplemper noch mehr zu verkürzen, aber Sie sollen wissen, dass ich nach wie vor ein guter Beobachter der Ereignisse bin. Ihr Thomas Bernhard

 Brief 486; 19. Jänner 1986 Lieber Doktor Unseld,
 vor meiner Abreise aus Österreich habe ich noch einen Blick auf Ihre verlegerische Katastrophe geworfen; was Sie da auf über 3000 Seiten drucken und erscheinen haben lassen, ist die grösste verlege- rische Peinlichkeit, die mir bis jetzt bekannt ist [der Roman der Österreicherin Marianne Fritz „Dessen Sprache du nicht verstehst“]. Über 3000 Seiten proletarischen stumpfsinnigen Müll […] zu drucken und zu binden, gehört tatsächlich in das Buch der Rekorde: als Stupiditätsrekord. Es geht hier nicht um die Erzeugerin dieses über 3000 Seiten langen Unsinns, sondern um die Tatsache, dass der Verleger sich mit der Herausgabe dieser blödsinnigen Gemeinheit tatsächlich selbst entmündigt hat. […] Die Ohrfeige, die Sie mir mit der Herausgabe dieser in Frage stehenden 3000 Seiten gegeben haben, hat eine tiefe Wirkung. Hätten Sie doch anstatt den Unsinn von Frau Fritz, nur eine dreitausend Blätter lange Klopapierrolle gedruckt […], Sie wären auch damit ins Buch der Rekorde gekommen. Ihr Thomas Bernhard Der letzte Brief Im November 1988 bekommt Bernhard von Unseld ein Telegramm. Unseld macht ihm Vorwürfe, dass Bernhard wieder einmal Vereinbarungen nicht eingehalten und ein Buch nicht bei Suhrkamp, sondern im Salzburger Resi­ denz-Verlag veröffentlicht hat, obwohl Unseld den „ganzen“ Bernhard verlegen wollte. Unselds Telegramm endet mit den Worten: „ fuer mich ist eine schmerzensgrenze nicht nur erreicht, sie ist ueberschritten. […] ich kann nicht mehr. ihr siegfried unseld.“ Bernhard antwortet am nächsten Tag 2 4 6 8 10 12 14 2 4 2 4 6 8 10 2 4 6 8 10 12 14 16 18 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Brief 524; 25. November 88 Lieber Siegfried Unseld, wenn Sie, wie Ihr Telegramm lautet, „nicht mehr können “ , dann streichen Sie mich aus Ihrem Verlag und aus Ihrem Gedächtnis. Ich war sicher einer der unkompliziertesten Autoren, die Sie jemals gehabt haben. Ihr Sie sehr respektierender Thomas Bernhard 2 4 6 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=