Literaturräume, Schulbuch

418 DIe gegenWartslIteratur – mIt österreIchschWerpunkt Zahlen von heute Autoren/Autorinnen literarischer Werke bekommen im Durchschnitt bei Hardcoverausgaben – gebundenen Büchern – acht bis zehn Prozent vom Buchhandelspreis sowie manchmal zusätzlich ein Honorar bei besonderen Verkaufserfolgen. Das Honorar von Taschenbuchausgaben ist meist abhängig von der Verkaufszahl: fünf Prozent bei einer verkauften Auflage von bis zu 20.000 Exemplaren, sechs Prozent bei bis zu 40.000, sieben Prozent bei bis zu 100.000 und acht Prozent bei über 100.000 Exemplaren. Auch bei der Verwertung von „Nebenrechten“, wie etwa der Nutzung durch Fernsehen oder Film, oder bei Über­ setzungen erhält der Autor ein Honorar, das jeweils individuell vereinbart wird. Nur die „Großen“ können Bedingungen diktieren Als Johann Wolfgang von Goethe 1824 bekannt gab, er wolle eine Ausgabe aller seiner bisherigen Werke haben, rannten ihm die Verleger „die Tür ein“. Es meldeten sich 36 Verlage, die Goethes Gesamtwerk veröffentlichen wollten. Das geringste Honorarangebot kam vom Grazer Verlag Greiner mit 18.000 Talern, das höchste zunächst von einem Hamburger Verlag, der bereit war, 118.000 Taler zu zahlen. Goethe übergab die Rechte an seinen Wer­ ken dem Verlag Cotta, der schon viele GoetheWerke veröffentlicht hatte. Der Vertrag über 40 Bände enthielt folgende Honorarvereinbarungen: Goethe bekam bei Vertragsunterzeichnung 5000 Taler plus 60.000 Taler Grundhonorar. Für je 10.000 verkaufte Exemplare kamen jeweils 20.000 Taler dazu. Goethe erhielt als Minister in Weimar ein Gehalt von jährlich 3100 Talern. Setzt man nun Goethes Grundhonorar mit diesem Gehalt in Bezie­ hung, so ergibt sich, dass Goethe mit Cottas Honorar ein Einkommen erzielte, das fast 20 Ministerjahresgehäl­ tern entsprach. Heute wäre dies – auch wenn eine solche Umrechnung natürlich etwas spekulativ bleiben muss – eine Summe von etwa 2,5 Millionen Euro, ungefähr das Doppelte des LiteraturNobelpreises. Auch Thomas Bernhard gehört zu den „Großen“ Welches Vertrauen Siegfried Unseld in die Qualität – und die Verkaufszahlen – von Bernhards Werk setzte, zeigte sich bereits bei der ersten Begegnung der beiden im Jänner 1965. Bernhard, er hatte damals bei Unseld gerade einen Roman – „Frost“ – veröffentlicht und arbeitete an seinem zweiten – „Verstörung“ –, forderte von Unseld einen Vorschuss von 40.000 DM, also etwa 20.000 Euro, und erhielt ihn ohne Zögern. Bernhard hatte ei­ nige Tage zuvor einen Vierkanthof in Ohlsdorf bei Gmunden gekauft und Unseld mitgeteilt, dass „ich jetzt schon und ab Anfang Februar […] im Bauch eines oberösterreichischen Riesen hause, aus dem ich nicht mehr herauswill, der aber nicht bezahlt ist.“ Zum Vergleich: Der Preis dieses Hofes, der allerdings völlig restaurierbedürftig war, betrug 200.000 Schilling, ungefähr 14.300 Euro. Mehr als 20 Jahre später notiert Unseld: „Guthaben von Thomas Bernhard: DM 319 000.“ Der fokus Österreichs Literatur ist vielsprachig – zur Literatur der Migranten/ Migrantinnen und der österreichischen Minderheiten Geschichte und Gegenwart Bis zum Zerfall der Monarchie waren Österreichs Literatur und Kultur selbstverständlich vielsprachig. Deutsch­ sprachige, italienische, slawische, jüdische, ungarische Autorinnen und Autoren prägten den kulturellen Reich­ tum der Monarchie. Viele schrieben oft in zwei Sprachen, von denen eine fast immer Deutsch war. Ihre eigene Sprache sicherte ihnen ihr nationales Selbstbewusstsein, das Deutsche gliederte sie ein in die überregionale Iden­ tität der Monarchie und war wichtig, um einen Absatzmarkt zu finden. Auch heute wird die österreichische Literatur mitgestaltet von Autorinnen und Autoren, die Deutsch nicht als Muttersprache haben. Migrantinnen und Migranten, die aus vielfältigen Gründen nach Österreich kommen, schreiben in ihrer Muttersprache oder in Deutsch oder in beiden Sprachen. Zugleich ist zu betonen, dass die Österreicherinnen und Österreicher viele Sprachen als Muttersprache sprechen und dass die Literatur Österreichs auf allen in unserem Land gesprochenen Sprachen und so auch auf den Sprachen der Minderheiten beruht. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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