Zeitbilder 4, Schulbuch
148 Ausländerinnen und Ausländer, Minderheiten Menschen aus dem eigenen Land, Menschen aus fremden Ländern Im Jahr 2012 lebten in Österreich etwa 8,4 Millionen Menschen. Etwa 970000 davon waren Ausländerinnen und Ausländer (knapp 12%), davon kamen rund 390000 aus den übrigen EU- Staaten. Was unterscheidet Ausländerinnen und Ausländer offiziell von Inländerinnen und Inländern? Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft! Im Alltag aber gebrauchen viele das Wort „Ausländer“ für Menschen, die sie von ihrem Aussehen (zB der Hautfarbe) oder ihrer Sprache her als „fremd“ wahrnehmen. Das können auch Menschen sein, die schon seit Jahrzehnten in Österreich ansässig sind. Volksgruppen Sechs anerkannte Volksgruppen gibt es derzeit in Österreich: die burgenländisch-kroatische, die slowakische, die slowenische, die tschechische, die ungarische und die Volksgruppe der Roma. Ihnen werden laut Gesetz sprachliche und kulturelle Rechte eingeräumt, zB die Errichtung zweisprachiger Schulen und Kindergärten, das Aufstellen zweisprachiger Ortstafeln, Fernsehsendungen im ORF oder die Anerkennung der Minderheitensprache als Amtssprache. Die Frage, wie die Rechte der einzelnen Volksgruppen im Alltag verwirklicht werden, führt vereinzelt bis heute zu Diskussionen zwischen den Volksgruppen und den politisch Verantwortlichen. Im „Kärntner Ortstafelstreit“ kam es 1972 sogar zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Erst im Jahr 2011 erfolgte eine politische Einigung und die Aufstellung von 164 zweisprachigen Ortstafeln in Südkärnten. Aus „Gastarbeitern“ wurden Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Als Ausländerinnen und Ausländer werden – fälschlicherweise – oft auch Menschen bezeichnet, die seit mehreren Jahrzehnten in Österreich wohnen und längst die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Diese Menschen wurden als „Gastarbeiter“ in den Zeiten des österreichischen Wirtschaftsaufschwungs vor allem aus der Türkei und Ex-Jugoslawien in unser Land geholt. Vielen dieser „Gastarbeiter“ folgten ihre Familien nach. Sie wurden zu Einwanderern, die hier arbeiten, leben und Steuern zahlen. Selbst deren Kinder oder Enkel werden manchmal aus „Ausländer“ angesehen, obwohl sie bereits in Österreich geboren und aufgewachsen sind. Ortstafelstreit in Kärnten: Deutsch- nationale Gruppen rissen 1972 gewaltsam fast zweihundert zwei- sprachige Ortstafel in gemischt- sprachigen Gebieten Kärntens nieder. 2002 flammte der „Ortstafelstreit“ wieder auf. Der Verfassungsgerichtshof, das österreichische Höchstgericht, entschied nämlich, dass in allen Gemeinden mit mehr als 10 Prozent slowenischsprachiger Bevölkerung die Ortstafeln zweisprachig sein müssen. Der Kärntner Landeshauptmann Haider weigerte sich, dieses Erkenntnis anzuerkennen. Im Jahr 2011 unterschrieb Bundespräsident Heinz Fischer das Ortstafelgesetz, seither werden in Kärnten zweisprachige Ortstafeln aufgestellt. (Fotografie, 1972) Viele muslimische Mädchen und Frauen tragen aus religiösen Gründen ein Kopftuch und werden deshalb von manchen Menschen angepöbelt. (Fotografie, 2010) Du bist dran • Diskutiert, aus welchen Gründen Menschen, die anders aussehen oder sich anders kleiden als wir, beschimpft, ausgegrenzt und schlecht behandelt werden. • Wie beurteilt ihr dieses Verhalten? Wie reagiert ihr darauf? Fremd sein in Österreich Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv
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