Zeitbilder 4, Schulbuch
153 Eine Änderung der Erinnerungskultur Späte Erkenntnis Ein Wandel dieser Haltung zeichnete sich in der „Waldheim-Debatte“ ab: 1986 wurde Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten gewählt. Eine internationale Historikerkommission stellte fest, dass er seine Vergangenheit während der NS-Zeit lückenhaft und teilweise verfälscht dargestellt hatte. Dies löste in Österreich eine breite, öffentlich geführte Auseinandersetzung mit der NS- Vergangenheit aus. Große Bedeutung erlangte 1991 das Bekenntnis von Bundeskanzler Franz Vranitzky zur „Mitverantwortung für das Leid, das zwar nicht Österreich als Staat, wohl aber Bürger dieses Landes über andere Menschen und Völker gebracht haben.“ Im Jahr 1998 setzte die Regierung eine weitere Historikerkommission ein. Diese sollte das Ausmaß des Vermögensentzugs während der NS-Zeit klären. Auf der Grundlage ihrer Berichte wurde mit der Leistung von Entschädigungszahlungen begonnen. Bewusster Umgang mit der Vergangenheit In den letzten Jahren zeigen viele Gedenkveranstaltungen und Projekte, dass heute breite Bevölkerungskreise – vor allem auch Schülerinnen und Schüler und Jugendliche – daran interessiert sind, der Opfer des Nationalsozialismus und derer, die gegen ihn Widerstand leisteten, zu gedenken. So ließen am 5. Mai 2003 mehr als 15000 Schülerinnen und Schüler aus ganz Österreich auf dem Wiener Heldenplatz 80000 Luftballons mit Briefen an die aus Österreich stammenden Opfer des Nationalsozialismus zum Himmel aufsteigen. Du bist dran • Findet heraus, an welche Ereignisse folgende Nationalfeiertage erinnern: 26. Oktober (Österreich), 14. Juli (Frankreich), 4. Juli (USA), 3. Oktober (Deutschland), 9. Mai und 12. Juni (Russland), 5. Mai (Niederlande), 1. Oktober (China). • Diskutiert in der Klasse: Welche Ereignisse begeht jeder von euch persönlich als Gedenktage, welche gibt es in euren Familien, wie werden diese gefeiert? „A Letter To The Stars“: Zehntausende österreichische Schülerinnen und Schüler beteiligten sich ab 2002 am Projekt „A Letter To The Stars“. Sie zeichneten viele Lebensgeschichten von österreichischen Opfern und Überlebenden des NS-Regimes auf. Im Rahmen dieses Zeitgeschichte-Projekts kehrten aber auch viele noch lebende Opfer des Nationalsozialismus erstmals nach Österreich zurück. Durch dieses erinnernde Forschen wurde jüdisches Leben vor 1938 für die Gegenwart sichtbar gemacht. (Fotografie, 2003) Zeichen einer Neuorientierung in der öffentlichen Beurteilung der NS- Vergangenheit sind Denkmalprojekte wie das „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“. Es steht am Wiener Albertinaplatz und wurde 1988 von dem Bildhauer Alfred Hrdlicka geschaffen. (Fotografie, 2009) Du bist dran • Finde heraus, welche Gedenkstätten und Erinnerungszeichen (Denkmäler, Straßennamen etc.) es in deiner Stadt/ Gemeinde/Umgebung gibt. Von wem wurden sie errichtet? Wie wurden sie gestaltet? Woran und warum soll erinnert werden? Österreich II – Die Zweite Republik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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