Zeitbilder 4, Arbeitsheft

18 Ernährung in der Zwischenkriegszeit Interview mit Anna Z. Q  Wie sah ein typischer Tagesablauf in Bezug auf das Essen in deiner Kindheit aus? Woher kamen die Lebensmittel? Zum Frühstück gab es Milch mit Schwarzbrot, das meine Mutter einmal in der Woche selbst gebacken hat, oder Sterz mit Malzkaffee. Ab und zu durften wir selbstgekochte Marmelade auf das Brot schmieren. Wenn das Brot schon hart war, hat meine Mutter es in Schmalz geröstet. Zur Jause in der Schule bekamen wir Schmalzbrote oder Brote mit Sasaka und einen Apfel oder eine Birne mit. Zu Mittag aßen wir fast immer eine Suppe, danach Topfennudeln, Kletzennudeln oder Erdäpfelnudeln. Oft gab es auch Gemüseeintöpfe, manchmal mit etwas Speck drin. Das Gemüse hat meine Mutter im Garten angepflanzt. Am Freitag gab es immer Sterz mit Milch oder Kaffee. Fleisch wurde immer nur am Sonntag gekocht, im Winter meistens Schweinsschnitzel, Schweinsbraten, Gulasch, Geschnetzeltes oder Schaffleisch, dazu gab es Kartoffeln und Kraut, Kohl oder Rüben, nur manchmal Reis. Das Fleisch kam von unseren Schweinen und Schafen, die mein Vater im Winter geschlachtet hat. Rindfleisch haben wir sehr selten gegessen, unsere eigenen Kühe brauchten wir für die Milch. Bei so vielen Kindern verbrauchten wir den Großteil der Milch selbst, ein paar Liter pro Tag konnte meine Mutter aber verkaufen und damit ein wenig Geld verdienen. Aus der Milch machte meine Mutter auch saure Milch, Butter und Topfen. Ab und zu schlachtete meine Mutter eines ihrer Hühner, dann gab es Hühnersuppe und Hühnerfleisch. Am Nachmittag haben wir, besonders während der Ernte, bei der wir alle mithelfen mussten, Speck gegessen. Zum Abendessen gab es Butter- oder Schmalzbrot oder die Reste des Mittagessens oder Sterz mit Milch, manchmal gekochte Kartoffeln mit Butter. Welches Essen kam an Fest- und Feiertagen auf den Tisch? Geburtstage wurden bei uns gar nicht gefeiert. An unseren Namenstagen bekamen wir Kinder immer ein weichgekochtes Ei zum Frühstück, das war für uns etwas ganz Besonderes, denn die meisten Eier, die unsere Hühner gelegt haben, hat meine Mutter verkauft oder zum Backen gebraucht. Jeden Samstag hat die Mutter nämlich Reindling gebacken, den wir am Samstag am Abend und am Sonntag zum Frühstück gegessen haben. Zu Weihnachten hat es meistens frische Schweinswürsteln oder frische Blutwurst gegeben. Und natürlich die Kekse und das Kletzenbrot, die meine Mutter gebacken hat. Zu Ostern gab es immer Schinken und Würstel von unseren eigenen Schweinen und dazu den selbstgebackenen Reindling. Was war und ist deine Lieblingsspeise, welches Essen magst du gar nicht? In meiner Kindheit war meine Lieblingsspeise Kartoffelsuppe mit Eierschwammerln oder Steinpilzen, Suppe mag ich auch heute noch sehr gerne. Und obwohl wir mehrmals die Woche Sterz gegessen haben, esse ich den auch heute noch. Als Kind habe ich mich immer auf den ersten Salat aus dem Garten gefreut. Fisch mag ich überhaupt nicht! Welche Gemüsesorten wuchsen in eurem Garten? Meine Mutter hat verschiedene Salatsorten, Radieschen, Gurken, rote Rüben, schwarzen Rettich, Porree, Kraut, Kohl, Karfiol, Karotten und Sellerie angepflanzt. Und Kräuter – Petersil, Basilikum, Thymian, Liebstöckl, Minze und Salbei. Die Kartoffeln wuchsen auf einem eigenen Acker. Hattet ihr eigenes Obst? Ja, wir hatten Apfel-, Birn-, Kirschen- und Zwetschkenbäume im Garten. Und einen Pfirsichbaum. Anna Z. wurde 1915 in einem kleinen Ort in der Nähe von Villach, Kärnten, geboren. Sie wuchs auf einem kleinen Bauernhof auf, den ihre Eltern bewirtschafteten. Ihre Eltern hatten 14 Kinder, zwei von ihnen starben im Baby- bzw. Kleinkindalter. Zu den Schulbuchseiten 30 und 31 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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