Zeitbilder 4, Arbeitsheft

19 Wie wurden Lebensmittel gelagert? Die Tiere, die geschlachtet wurden, wurden zur Gänze verarbeitet. Das Schlachten war sehr viel Arbeit. Aus dem Kopffleisch wurde Sulz gemacht, die Därme wurden für Würsteln und Blutwurst gebraucht, das fette Fleisch wurde gebraten und zu Sasaka verarbeitet, der Rest wurde gepökelt und geräuchert. Wir hatten keinen Kühlschrank und keine Tiefkühltruhe, daher musste das Fleisch anders haltbar gemacht werden. Im Winter konnten wir frisches Fleisch für einige Zeit im kalten Keller lagern, im Sommer ging das aber gar nicht. Oft ist der Speck ranzig geworden, das hat uns aber nichts ausgemacht, wir haben ihn trotzdem gegessen. Weggeworfen wurde bei uns kein Essen! Das Gemüse haben wir – je nach Sorte – entweder frisch gegessen oder auch für den Winter eingelagert, ebenso die Erdäpfel. Dafür war der kalte Keller ideal. Manche Gemüsesorten wie rote Rüben hat meine Mutter auch eingeweckt. Aus dem Obst hat meine Mutter Marmelade und Kompott gemacht, Äpfel und Birnen wurden auch zu Most gepresst. Die Zwetschken wurden im Ofen gedörrt. Äpfel und Birnen wurden auch für den Winter im kalten Keller gelagert. Musstet ihr Lebensmittel einkaufen? Eingekauft haben eigentlich wir nur Salz, Zucker, Weißmehl und Reis. Und ab und zu Rindfleisch bei einem anderen Bauern. Musstet ihr Hunger leiden? Bei so vielen Essern am Tisch gab es nie wirklich genug für alle. Gab es für euch Kinder Süßigkeiten? Mein Onkel hatte eine Bienenhütte, und da durften wir manchmal Honigwaben naschen. Mit 18 Jahren bin ich in die Schweiz zum Arbeiten gegangen – in Kärnten gab es viel zu wenige Arbeitsplätze –, und dort habe ich die erste Schokolade meines Lebens gegessen. (Das Interview mit Anna Z. führte ihre Enkelin im Juni 2013.) Arbeitsauftrag 1:  Lies das Interview genau durch. Kläre mit Hilfe des Internets die Begriffe, die du nicht kennst. Verfasse aus den Fragen und Antworten einen Bericht für die Schülerzeitung. Vergleiche dabei auch den Speiseplan damals mit deinen Essgewohnheiten. Arbeitsauftrag 2:  Vergleiche die Nahrungsmittelsituation der Menschen in den Städten mit der der bäuerlichen Bevölkerung. Anders als auf dem Land, wo sich die bäuerliche Bevölkerung zwar kärglich, aber doch selbst versorgen konnte, war die Situation in städtischen Gebieten. Hier herrschte die gesamte Zwischenkriegszeit über eine ausgesprochen schlechte Ernährungslage. Die Lebensmittelkarte, die bereits während des Ersten Weltkriegs eingeführt worden war, bot nur so viel, als für die Ernährung eines vierjährigen Kindes erforderlich war. Das führte zu einer schweren Unterernährung der österreichischen Bevölkerung. Viele Menschen waren auf öffentliche Ausspeisungsstellen angewiesen. Getreideerzeugnisse wie Mehl und Brot, aber auch Kartoffeln, Filz und Speck, Zucker und Kaffee bestimmten in der Weltwirtschaftskrise den Speisezettel vieler Menschen, vor allem in den Städten. Der Verbrauch höherwertiger Nahrungs- und Genussmittel, wie Fleisch, Milch, Eier oder Alkohol, wurde weniger. Teure Lebensmittel, Genussmittel und der „Luxuskonsum“ – insbesondere der Wirtshausbesuch – blieben in den ärmeren Familien häufig den Männern vorbehalten. Billige Güter wie Brot, Erdäpfel oder auch (Ersatz-)Kaffee und Zucker waren die tägliche Nahrung von Frauen und Kindern. (nach: http://othes.univie.ac.at ) Zu den Schulbuchseiten 30 und 31 Österreich I – Die Erste Republik Nur zu Prüfzwecken – Eig entum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=