Lasso Lesebuch 3, Schulbuch

Wie ich mich fühle 74 BiSt P Die Kinder können literarische Angebote zur Erweiterung ihres Selbst- und Weltverständ- nisses sowie zur Unterhaltung nutzen; Informationen aus literarischen Texten entnehmen. Michaela sollte in die Schule kommen. „Vorher musst du aber lernen, alleine mit deinem Rollstuhl zu fahren“ , sagte die Mutter. Michaela wollte nicht. Weil sie den Rollstuhl hasste. Weil sie gehen wollte, auf ihren Beinen stehen. Oder wenigstens ihr Wägelchen wiederhaben. Darin war sie immer gefahren worden, seit sie nicht mehr laufen konnte. Jetzt wurde sie in den Rollstuhl gesetzt und sollte sich auch noch selber schieben! Nein, sie wollte nicht. Da wurde sie verschickt: in ein Heim für behinderte Kinder. Sie sollte sich erholen, sechs Wochen lang, sagten die Eltern. Und sie sollte andere behinderte Kinder kennen lernen. Kinder, die auch im Rollstuhl saßen und sich selber fuhren. Drei Wochen lang weinte sie jede Nacht, wollte nichts essen und wurde noch dünner, als sie schon war. Wenn die Betreuer sie in ihren Rollstuhl setzten, schloss sie die Hände zu Fäusten und rührte sich nicht vom Fleck. Sie dachte an ihr Sport- wägelchen, das plötzlich verschwunden war. An seiner Stelle hatte eines Tages der Rollstuhl gestanden. „Du bist jetzt wirklich groß genug“ , hatten sie gesagt. Aber Michaela wollte nicht. Der Rollstuhl machte alles so deutlich! Die Zeit im Heim kroch wie eine Schnecke. Einmal machte die ganze Gruppe einen Ausflug. Wer es schaffte, fuhr alleine in seinem Rollstuhl. Manche hatten einen kleinen Motor. Michaela ließ sich schieben. Sie wäre lieber im Heim geblieben. Aber sie musste mit. Sie fuhren auf einer asphaltierten Landstraße und waren schon weit weg vom Ort. Da schütteten sich plötzlich schwarze Wolken aus. Im Nu stand die Straße unter Wasser. Alle versuchten, schnell wegzukommen. 5 10 15 20 25 30 Der Rollstuhl Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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