Wirtschaft gestalten HLW II, Arbeitsbuch BW
132 2 Gerichtliches Verfahren zur Krisenbewältigung bei Unternehmen verstehen Um das Unternehmen zu retten , setzen Unternehmer/innen viele Maßnahmen. Sie versuchen die Umsätze zu steigern und gleichzeitig die Kosten zu senken . Manche ändern die Rechtsform , um fri- sches Kapital für das Unternehmen beschaffen zu können. Andere versuchen sich außergerichtlich mit den Gläubigern auf einen teilweisen Schuldenerlass zu einigen („stiller Ausgleich“). Der Verkauf des Unternehmens bzw. die freiwillige Schließung stellen ebenfalls noch Möglichkeiten dar. Verfahrensarten im Insolvenzverfahren Sanierungsverfahren Konkursverfahren mit Eigenverwaltung ohne Eigenverwaltung Ziel: Verwertung des vorhandenen Vermö- gens und Schließung des Unternehmens Ziel: Sanierung des Unternehmens Bei allen drei Verfahren sind nicht alle Forderungen gleich . Bestimmte Forderungen und Ansprüche werden bevorzugt behandelt und sind zuerst zu erfüllen. Dazu zählen: ÚÚ Gegenstände, die sich beim Schuldner befinden, jedoch im Eigentum anderer Personen sind (Aussonderungsansprüche) , können von diesen zurückgefordert werden: z.B. Firmen-Pkw, der unter Eigentumsvorbehalt verkauft wurde. ÚÚ Pfandrechte, die der Sicherung von Forderungen dienen, bewirken Absonde- rungsansprüche . Der Erlös aus der Pfandsache – z.B. eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek (= Pfandrecht) steht ausschließlich den berechtigten Gläubigern zur Verfügung. Das Erfüllen von Absonderungsansprüchen kann im Insolvenzverfahren die Fortführung des Unternehmens gefährden. Deshalb darf vor Ablauf von sechs Monaten ab Eröffnung des Verfahrens die Erfüllung von Absonderungsansprüchen (mit wenigen Ausnahmen) nicht gefordert werden. ÚÚ Forderungen, wie die Kosten des Insolvenzverfahrens, Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer/innen, Beiträge zur Sozialversicherung und andere öffentliche Abgaben (Masseforderungen) . ÚÚ Alle sonstigen Forderungen, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon be- standen haben, zählen zu den Insolvenzforderungen . Von diesen Forderungen erhalten die Gläubi- ger je nach Verfahrensart einen unterschiedlich hohen Anteil (= Quote) . Diese Quote kann je nach Ausgang des Verfahrens zwischen 0 und 30% betragen. In Ausnahmefällen kann sich auch eine höhere Quote ergeben. Insgesamt kommen die Regelungen des Insolvenzrechts den Schuldnern sehr weit entgegen, um den Bestand der Unternehmen und somit auch Arbeitsplätze zu sichern. Es profitieren aber auch die Gläu- biger davon, wenn Unternehmen bestehen bleiben und Teile der Schulden (Quoten) bezahlt werden. Kann die Krise durch diese Maßnahmen nicht bewältigt werden, muss ein gerichtliches Verfahren in Anspruch genommen werden. Dieses Ver- fahren ist im Insolvenzrecht geregelt. Das geltende Insolvenzrecht ver- folgt das Ziel, mehr und raschere Sanierungen in einem einfacheren Verfahren zu ermöglichen. Basis ist ein einheitliches Insolvenzverfahren , das wiederum drei Verfahrensarten beinhaltet. Auslöser Maßnahmen Warnsignale Bestehende Verträge können nach den Regelungen des Insolvenzrechts bei Zahlungsunfähigkeit von den Gläubigern nicht einfach aufgelöst werden . Für die Dauer von sechs Monaten (mit wenigen Ausnahmen) bleiben die Verträge weiterhin aufrecht. Davon betroffen sind ausschließlich Verträge, deren Auflösung die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte (z. B. Mietverträge, Leasing- verträge und Verträge mit Energieversorgern). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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