Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
224 […] dass nämlich dasselbe demselben und in derselben Beziehung […] unmöglich zugleich zukommen und nicht zukommen kann, das ist das sicherste unter den Prinzipien. Denn es ist unmöglich, dass jemand annehme, dasselbe sei und sei nicht. Aristoteles: Metaphysik 1005b 10 ff. In dieser Formulierung des Satzes vom Widerspruch wird sehr schnell deutlich, dass es hier um ein Problem der Identität oder Selbigkeit geht. Identität meint, dass bestimmte Eigenschaften von einer bestimmten Sache A ausgesagt werden können. Können sie auch von einer Sache B ausgesagt werden, so sind A und B ident. Die Umschreibung Haus mit einem Stockwer k erfordert eine Definition der Begriffe Haus und Stockwerk sowie der Zahl eins . Sind diese Begriffe hinlänglich bestimmt, so lassen sie sich zur Beschreibung bestimmter Gegenstände anwenden. Auf Gegen- stände, die den gefundenen Begriffen nicht entsprechen, lassen sie sich dagegen nicht widerspruchsfrei anwenden. Oder anders gewendet: Die Definition von Haus mit einem Stockwerk kann nicht widerspruchsfrei der Definition von Haus mit zwei Stockwerke n entsprechen. Argumente können zweifellos auch in manipulativer Absicht eingesetzt werden. Das geschieht auch regelmäßig. Im Rahmen jeder Rhetorik verschmelzen Argumente, auf die die eben genannten Kriterien zutreffen, mit Scheinargumenten, die Plausibilität suggerieren, ohne jedoch bei näherer Betrachtung kohärent und konsistent zu sein. Unter Plausibilität wird Stimmigkeit verstanden, oder auch Glaubwürdigkeit. Doch nicht alles, was glaubwürdig ist oder scheint, muss deshalb auch schlüssig sein. Der Philosoph Arthur Schopenhauer stellte um 1830 für Kunstgriffe, die dazu dienen können, in Gesprächen Recht zu behalten, ein amüsantes Regelwerk zusammen, das er „Eristische Dialektik“ nannte. Eristik (gr. eristiké téchne ) bezeichnet dabei die Kunst des Streitgesprächs, Dialektik steht für eine bestimmte logische Methode des Abwägens von Argumenten. In seiner „Eristischen Dialektik“ zählt Schopenhauer eine ganze Reihe von erlaubten und unerlaubten Methoden auf, in einem Gespräch als zumindest scheinbarer Sieger hervorzugehen. Besonders bekannte Mittel sind in diesem Zusammenhang die Petitio principii (eine Scheinargumentation, bei der das, was eigentlich erst bewiesen werden soll, als bereits bewiesen vorausgesetzt wird), die Verwendung von Bezeichnungen, die für verschiedene Begriffe verwendet werden können (Homonymie) , in der Absicht, Verwirrung zu stiften, oder auch Argumente ad populum , von denen der/die Redner/in meint, dass sie zwar falsch sind, dass sie aber vom Publikum für wahr gehalten werden und dort gut ankommen. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Diskutieren Sie gemeinsam darüber, ob der Einsatz rhetorischer Mittel in Argumenta tionen verwerflich ist! ausFüHrunG VerTieFunG Rhetorik Kunst der Rede oder Beredsamkeit. Wie unsere Vorstellungen von Philosophie geht auch sie auf die griechische Antike zurück. Rhetorik zielt stets auch darauf, Zuhörerinnen und Zuhörer zu überzeu gen. Insofern dürfen Redner/innen nicht immer zimperlich sein, was die argumentative Korrektheit anlangt. Zuweilen ersetzt auch ein unmittelbarer Appell an die Gefühle der Zuhörerschaft ein logisch einwandfreies Argument. 2 t Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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