Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
228 treffe grundsätzlich oder in der Regel zu. Dies bedeutet zugleich, dass mit Ausnahmen gerechnet wird. Als eher psychologisch inspiriertes Schlussverfahren kann die sogenannte Abduktion gelten. Dabei handelt es sich um ein eher intuitives Vorgehen, das eine ganze Reihe von Anzeichen oder Indizien vernetzt und von diesen Details auf eine Art gemeinsa- men Nenner schließt. Diese Art des (vielleicht unbewussten) Schließens wurde vor allem in semiotischen Diskussionen stark gemacht und vertreten. Jemand beobachtet beispielsweise zahlreiche Details der Kleidung, der Sprech- und Bewegungsweise einer Person und zieht daraus Schlüsse auf deren Ausbildung, sozialen Status, berufliche und ökonomische Situation oder ihre Wohnverhältnisse, ähnlich wie Arthur Conan Doyles Romanfigur Sherlock Holmes es tut. Um Gegenstand einer argumenta- tiv verwertbaren Behauptung werden zu können, bedarf ein solches Verfahren allerdings stets der nachprüfenden empirischen Bestätigung, ansonsten bliebe es rein spekulativ. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Erklären Sie die Vorgehensweise beim deduktiven und induktiven Verfahren mit eigenen Beispielen! Wenn ein Wissen von den Vorannahmen, aus denen der Beweis hergeleitet wird, notwendig ist, andererseits aber diese Annahmen unvermittelt irgendwo zum Still- stand kommen, müssen diese notwendig unbeweisbar sein […]. Aristoteles: Analytica posteriora 72b 20 f. Was Aristoteles hier anspricht, ist der Umstand, dass jede Beweisführung früher oder später an einem Punkt anlangt, an dem nichts mehr weiter bewiesen werden kann. Es handelt sich um Annahmen, deren Geltung vermutet wird, aber eben nicht mehr weiter begründet werden kann. Denken Sie etwa an die Gültigkeit bestimmter logischer Schlussverfahren oder den Umstand, dass Menschen sterblich sind. Beweis- bar ist derlei nicht, aber bis zum Erweis des Gegenteils macht es Sinn, zumindest so zu tun, als ob diese Annahmen zutreffend wären. Täte man das nicht, käme philoso- phisches genauso wie wissenschaftliches Arbeiten relativ rasch zum Erliegen. Heute umfasst der Begriff Logik so unterschiedliche Ansätze wie klassische und moderne Aussagenlogik, Prädikatenlogik, deontische Logik und mehrwertige Logiken. Auch im Rahmen einer philosophischen Einführung werden wir nicht allzu weit in diese Thematik eindringen. In den meisten Fällen werden Sie damit das Auslangen finden, wenn Ihre Argumente weitestgehend einer mehr oder minder erweiterten klassischen Aussagenlogik zuzuordnen sind. Dabei geht es zunächst darum, festzu- stellen, ob ein Satz überhaupt als Aussage einzustufen ist. Als Aussagen gelten Sätze, für die gilt, dass sie entweder wahr oder nicht wahr sind. Das Adjektiv wahr kann dabei auch durch richtig ersetzt werden. Es geht nicht darum, das Verhältnis zwischen einer außersprachlichen Wirklichkeit und ihrer sprachlichen Darstellung zu beschrei- ben. Richtigkeit ist in der Regel stark definitionsabhängig. So ist der Satz „6 ist keine 1 ausFüHrunG VerTieFunG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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