Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

233 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Überlegen Sie, welches Paradigma in Ihrem Lieblingsfach gelten könnte! Sprechen Sie mit dem/der Fachlehrer/in darüber! 2.7 Philosophische Stilmittel und ausdrucksformen Noch eine Differenz zwischen Philosophie und Wissenschaften gilt es aufzuzeigen, die zugleich ein Naheverhältnis zwischen Philosophie und Kunst kenntlich macht: Anders als in den meisten Wissenschaften ist die Frage der Ausdrucksform in der Philosophie keine nebensächliche. In Europa war das bevorzugte philosophische Ausdrucksmittel von der Antike bis weit in die Neuzeit das Gespräch, gestaltet als Dialog oder als Disputation (Streitgespräch) – oder als eine schriftliche Nachbildung desselben. Berühmte Beispiele sind die Dialoge Platons, später jene Marcus Tullius Ciceros, aber auch die „Discorsi“ Niccolò Machiavellis. Während des ganzen Mittelalters zählten Disputationes , in denen Thesen und Gegenthesen abgewogen wurden, zur universitä- ren Basisausbildung. Dies prägte zu einem erheblichen Teil auch die Art philosophi- schen Denkens, etwa die Dialektik. Sie war jahrhundertelang die Form, in der logische Überlegungen zum Ausdruck gebracht wurden. Dialektische Verfahren wägen Argu- mente nach Art eines kontroversiellen Gesprächs ab, indem sie eine (oder mehrere) These(n) aufstellen und eine (oder mehrere) Gegen- oder Antithese(n) entwickeln. Ob sich eine der beiden durchsetzt oder ob eine dritte These, eine Synthese , entsteht und wie diese aussehen kann, hängt nun sehr von Zeit und Ort der Anwendung dieses Verfahrens ab. Berühmt ist die von Georg Wilhelm Friedrich Hegel entwickelte Konkretisierung. In ihr stellt sich die Synthese als ein Ergebnis des gedanklichen Durchdringens von These und Antithese dar, die keine einfache Verbindung der beiden ist, sondern eine neue Perspektive erschließt. Daneben ist auch die Form der philosophischen Abhandlung sehr alt; sie begegnet etwa schon bei Aristoteles. Doch auch hier finden sich immer wieder Anklänge an das Gespräch: Überall dort, wo Argumente und Gegenargumente abgewogen werden, wird im Grunde eine Gesprächssituation nachgebildet, und sei es auch eine Art Selbstgespräch. Heute ist die vorherrschende Ausdrucksform in der Philosophie der Essay. Allerdings hat sich das virtuelle Gespräch genauso behauptet wie stärker literarische Ansätze, die vor allem im Dekonstruktivismus beheimatet sind. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Warum könnten Form und Inhalt gerade in der Philosophie eng zusammenhängen? Stellen Sie Gründe dafür zusammen! Recherchieren Sie zu Platon, Cicero und Machiavelli! Stellen Sie biographische Anga­ ben der drei Autoren und eine kurze Beschreibung ihrer Hauptwerke in einer Übersicht zusammen! O  Literaturempfehlung: Wolf Lepenies: Die drei Kulturen (2006). Aleida Assmann: Einführung in die Kulturwissenschaft (2011). 2 GrundlaGen Dialektik von gr. dialektiké téchne , übersetzbar mit „Kunst des Gesprächs“ oder „Kunst der Unterredung“ úú Kapitel 8 1 2 Eine kurze Einführung Eine kurze Einführung 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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