Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

241 3.4 Metaphysik Eine wirkungsmächtige Position, die vermutlich bei Platon ihren Ausgang nimmt, ging und geht davon aus, dass alles, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, bloß flüchtige Erscheinungen seien. Die wahre Wirklichkeit liege hinter dieser physischen Welt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Metaphysik , weil das Gesuchte hinter oder jenseits (dies bedeutet das griechische Wort metá ), jedenfalls nicht in der physischen Welt beheimatet sei. Eine vernünftige Betrachtung der Wirklichkeit hinter der Welt bloßer Erscheinungen sei möglich. Varianten dieser Sichtweise fanden sich später bei so einflussreichen Philosophen wie Georg Wilhelm Friedrich Hegel oder Martin Heidegger, der die herkömmliche Metaphysik eigentlich überwinden wollte, und bei vielen anderen. Für Platon war die Idee oder der Begriff (eídos) eines Gegenstandes real, nicht aber dessen physische Konkretisierung. So setze ein Tischler, der ein Bettgestell produziert, bloß die Idee des Bettes um. Er bringe sie nicht hervor, weil sie ihm immer schon in der Natur vorgegeben sei. Die Ideen werden einer göttlichen Schöpfung zugerechnet, wenn es heißt, das in der Natur seiende Bettgestell habe Gott (theós) gemacht. Der ganze Kosmos gilt Platon als Abbild (eikón) des Begriffs, ein mehr oder minder schwacher Abglanz der wirklichen Welt. Auch für Hegel war es die geistige Welt, die sich in der physischen nur Ausdruck schafft; der Geist oder Weltgeist finde zu sich selbst, indem er eine historische Abfolge von Entwicklungsstufen durchlaufe. Von den Menschen würde dies als scheinbar plan- und ziellose Geschichte wahrgenommen, doch nein, es sei der Weltgeist am Werk, der zu sich selbst und seiner Freiheit finde. Menschliche Akteure, sogenannte welthistorische Individuen , handelten nur scheinbar aus eigenem Antrieb, in Wahrheit aber finde in ihnen nur ein allgemeines Prinzip Ausdruck. Hegel spricht in diesem Zusammenhang auch von einer List der Vernunft. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Fassen Sie die zentralen Elemente metaphysischen Denkens mit eigenen Worten zusammen! Das ist die List der Vernunft zu nennen, daß sie die Leidenschaften für sich wirken läßt, wobei das, durch was sie sich in Existenz setzt, einbüßt und Schaden leidet. Denn es ist die Erscheinung, von der ein Teil nichtig, ein Teil affirmativ ist. Das Partikuläre ist meistens zu gering gegen das Allgemeine, die Individuen werden aufgeopfert und preisgegeben. Die Idee bezahlt den Tribut des Daseins nicht aus sich, sondern aus den Leidenschaften der Individuen. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Einleitung, S. 49. Für Hegel ist die von Menschen erfahrene und erlebte Welt nur ein Austragungsort für Entwicklungen, die anderswo stattfinden. Deshalb werden die Menschen, sofern sie sich nicht mit der wahren Welt der Idee und des Weltgeistes auseinandersetzen, bestenfalls von ihren Leidenschaften getrieben, und zwar an ein Ziel, das sich ihnen GrundlaGen Metaphysik von gr. metá tá physiká , „das, was sich hinter den Naturgegenständen befindet“ úú Kapitel 8.3.2 1 ausFüHrunG Eine kurze Einführung Eine kurze Einführung 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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