Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

247 zu herrschen. Denn Platon zufolge sollten Philosophen Könige und Könige Philoso- phen sein. Wie jede andere menschliche Tätigkeit findet auch Philosophie nicht im luftleeren Raum, sondern im Zusammenhang anderer Lebenswelten statt. Erinnern Sie sich an die Überlegungen zur Bedeutung philologischen Arbeitens! Es ist sehr schwierig, sich philosophische Texte zu erschließen, wenn man die (Original-)Sprache, in der sie geschrieben sind, nicht einmal ansatzweise lesen kann und auch keine Vorstellung vom sonstigen historischen Umfeld hat, in dem sie entstanden sind. War es zum Beispiel ein repressives politisches oder religiöses System, innerhalb dessen sie verfasst wurden? Oder sind sie in einem einigermaßen liberalen Klima entstanden? Während eines Krieges vielleicht (wie Wittgensteins „Tractatus“, buchstäblich an der Front)? Welche Ideen, Texte, Personen waren für den/die Autor/in wichtig, haben ihn/ sie beeinflusst? Dazu muss man übrigens nicht zwingend biographische Forschungen anstellen, es ergibt sich oft genug aus dem Text selbst – vorausgesetzt, der/die Leser/in kennt hinreichend andere Texte, die als Bezugspunkte in Betracht kommen. Es ist einleuch- tend, dass derlei Fertigkeiten ein hohes Maß an Bildung voraussetzen. Sich ohne entsprechende Vorbildung einer Kultur anzunähern, in der man nicht sozialisiert wurde, die einem also weitestgehend unbekannt ist, kann kein vielversprechendes Unterfangen sein. Interkulturelles Philosophieren, so wichtig und wünschenswert es ist, erfordert daher eine Menge Vorarbeit und Bereitschaft, sich zunächst einmal die relevanten Sprachkenntnisse und dann ein ganzes neues Universum aus Bedeutun- gen, Texten und historischen Zusammenhängen zu erschließen. Ansonsten bleibt das Unternehmen vordergründig und ist allzu leicht geeignet, an die Stelle einer seriösen Auseinandersetzung fragwürdigen Gebrauch treten zu lassen, dem leicht einmal auch Missbrauch folgen kann. Das oben erwähnte Konzept der Zeitschrift „polylog“ ist einer von mehreren gangbaren Wegen, derlei zu vermeiden, einfach ist er freilich nicht. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Nehmen Sie zu der zitierten Passage aus „Das andere Geschlecht“ Stellung! Diskutie­ ren Sie gemeinsam darüber! Diskutieren Sie gemeinsam die Möglichkeiten und Schwierigkeiten des interkulturel­ len Philosophierens! VerTieFunG 2 t 3 t Eine kurze Einführung Eine kurze Einführung 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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