Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
269 Ferdinand de Saussure versuchte Sprache im Wesentlichen über ein Differenzprinzip zu begreifen: Ein Wort kann demnach nur in Abgrenzung von und in Beziehung zu anderen Wörtern gedacht werden. Insofern spricht Saussure davon, dass es Aufgabe der Semiologie , also der Wissenschaft von den Zeichen, sei, das Leben der Zeichen im Rahmen des sozialen Lebens zu untersuchen. In diesem Zusammenhang entwickelte er ein nachhaltig einflussreiches Begriffspaar, dessen konkrete Bedeutung und wechselseitige Verwiesenheit später unterschiedliche Interpretationen erfahren hat: Er unterscheidet signifié (Signifikat, Bezeichnetes, Bedeutung) und signifiant (Signifi- kant, Bezeichnendes, Bedeutungsträger). Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Geben Sie ein weiteres Beispiel für Sprachspiele und Lebensformen! Denken Sie etwa an Sprachspiele in der Lebensform Schule! Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie Ihre Überlegungen! Lesen Sie die zitierte Textpassage und fassen Sie sie mit eigenen Worten zusammen! Arbeiten Sie die zentralen Punkte heraus! 2.6 Bedeutung und Deutung Jede Erkenntnis hat also zunächst einmal mit der Frage zu tun, welchen Sinn oder welche Bedeutung einem Phänomen zugeordnet werden kann. Diese Bedeutung ist in der Regel eine sprachliche, und zwar in allen Wissenschaften. Auch wenn sich die Naturwissenschaften über weite Strecken formaler Sprachen bedienen, die sich am Vorbild der Mathematik orientieren, so sind es doch Sprachen, in denen Zeichen etwas bedeuten. Aber sie bedeuten eben nicht immer für alle Beteiligten dasselbe oder auch nur das Gleiche. In einer Formalsprache können Bedeutungen durch Definitionen relativ klar begrenzt werden, doch auch hier bestehen Spielräume. In allen anderen Sprachformen, die sich zumindest zunächst an alltagssprachlichen Formen orientieren, bedeuten Zeichen etwas für jemanden , wie Peirce betont hat. Sie bedeuten also etwas Bestimmtes für eine bestimmte Person. Was das ist, hängt allerdings weniger von den Zeichen selbst ab als davon, wie sie innerhalb einer bestimmten Gruppe von Anwenderinnen/Anwendern verwendet werden können. VErTiEFunG O Literaturempfehlung: Ferdinand de Saussure: Grundfragen der allgemeinen Sprachwis senschaft (1967), S. 19, 76 ff. 2 3 GrundlaGEn Drei zeichenhafte Gesten Wirklichkeit und ihre Erkenntnis Wirklichkeit und ihre Erkenntnis 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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