Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
271 gedacht werden können. Für Peirce etwa sind es Gedanken , auf die Zeichen hinwei- sen. Konkret bezieht sich Peirce dabei auf sprachliche Zeichen. Peirce zufolge gibt es kein Element im menschlichen Bewusstsein, dem nicht etwas im Wort entspräche. Insofern weist (menschliches) Denken selbst Zeichenstruktur auf. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Geben Sie mit eigenen Worten die triadische Beziehung wieder, in der nach Peirce Bedeutung entsteht! Bilden Sie Gruppen und finden Sie Beispiele für die Zeichenstruktur menschlichen Denkens! Begründen Sie Ihre Wahl! 2.7 Erkenntnis als komplexer Prozess Kehren wir zu unseren Ausgangsanliegen zurück. Wir fragten nach den Möglichkeiten, Wirklichkeit(en) zu erkennen. Aufgrund unserer bisherigen Überlegungen können wir feststellen, dass dieses Bemühen als suchender, tastender Prozess zu verstehen ist. Dabei sind grundsätzlich unterschiedliche Richtungen vorstellbar. Zum einen kann der altvertraute Versuch weitergeführt werden, sprachliche Annäherungen an Gegen- stände oder Objekte, kurz Wirklichkeiten, vorzunehmen. Dies allerdings in reflektierter Form, im Bewusstsein der Schwierigkeiten und Brechungen, die durch Sprache und Vorannahmen aller Art erzeugt werden. Eine andere Variante kann darin bestehen, die Idee einer außersprachlichen Wirklich- keit gänzlich oder weitgehend zu verabschieden. Die zu erkennende Wirklichkeit würde so weitestgehend in den Bereich sprachlicher Konstruktionen verlagert. Demnach würden sich unsere Wahrnehmungen nie auf Gegenstände außerhalb unserer sprachlichen und sonstigen Konstruktionen beziehen, sondern immer nur auf diese Konstruktionen selbst. Wenn wir eine Tulpe betrachten und über sie sprechen, so sprechen wir nicht über ein außersprachliches Ding, das von uns zufälligerweise Tulpe genannt wird, sondern wir sprechen über all die Vorstellungen und Bedeutun- gen, die wir mit diesem Wort verbinden. Über etwas anderes könnten wir gar nicht sprechen. Eine solche Auffassung wird als konstruktivistisch bezeichnet. Die Gefahr dabei besteht darin, sprachliche Konstruktionen absolut zu setzen. Wenn nicht einmal mehr die Vorstellung einer Wirklichkeit besteht, auf die sprachlich Bezug genommen wird, gewissermaßen als mögliches Ziel, kann dies zu einer Verabsolutie- rung der sprachlichen Operationen selbst führen. Insbesondere die positivistische Wissenschaftstheorie, die sich mit dem Logischen Empirismus und der Analytischen Philosophie verbindet, kann als Gegenposition gelten. Die Wirklichkeit solle demnach in einfachen Sätzen (Aussagen), mit denen man über sie spricht, abgebildet werden. Zumindest in Form einfacher Protokollsätze , die voraussetzungsfrei einfachste Beschreibungen böten, sollte dies möglich sein, etwa mit dem Satz „Hier steht ein Glas Wasser“. Hat man über derlei Protokollsätze genügend Tatsachen gesammelt und beschrieben, so lassen sich induktive Schlüsse auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten (Naturgesetze) anstellen. O Literaturempfehlung: Charles Sanders Peirce: Schriften 1 (1967), S. 201, 223, 175. 2 3 t GrundlaGEn úú Kapitel 2 úú Kapitel 6.2 Wirklichkeit und ihre Erkenntnis Wirklichkeit und ihre Erkenntnis 7 Nur zu Prüfzwec n – Eigentum des Verlags öbv
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