Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

283 4.2 Kritik Die im vorherigen Abschnitt skizzierten Annahmen gehen von Voraussetzungen aus, die ihrerseits schwierig oder gar nicht zu beweisen sind. Auf Probleme mit der Bildung von Protokollsätzen und der sprachlichen Abbildung von Dingen, die außer- halb der Sprache liegen, wurde schon an anderer Stelle hingewiesen. Die Idee einer Weltformel setzt zudem eine umfassende Determiniertheit des gesamten Universums voraus, rechnet also mit einer Annahme, die sie über induktive Schlussverfahren überhaupt erst beweisen möchte und müsste. Weitere Schwierigkeiten wirft die Annahme von Kausalbeziehungen zwischen beobachtbaren Elementen auf. Konkret geht dieses Konzept meist davon aus, dass eine Sache oder ein Ereignis die Ursache einer anderen Sache oder eines anderen Ereignisses darstellt. Im 17. Jahrhundert begann sich die Auffassung durchzusetzen, dass es für jedes Ereignis einen zureichen- den Grund gebe(n müsse), der auch festgestellt werden könne. Dass dies nicht leicht zu bewerkstelligen ist, kann folgendes Beispiel zeigen: Weil Frau/Herr A mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, liegt Frau/Herr B, die/der gerade die Straße überqueren wollte, als Frau/Herr A herangerast kam, nun schwer verletzt im Krankenhaus. Bei näherer Betrachtung lassen sich mehrere Faktoren benennen, die zum Unfall von Frau/Herrn B geführt haben, beispielsweise 1) das Fahren von Frau/Herrn A mit überhöhter Geschwindigkeit; 2) der Versuch von Frau/ Herrn B, die Straße zu überqueren; 3) die zeitliche Koinzidenz des Zusammentreffens von Frau/Herrn A und Frau/Herrn B genau an der Stelle, an der sich der Unfall ereignet hat; 4) das Gewicht und die Größe des Fahrzeugs von Frau/Herrn A; usw. Bereits David Hume hat als konsequenter Empiriker darauf hingewiesen, dass die Idee einfacher Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge höchst problematisch ist. Daraus, dass Dinge aufeinander folgen, könne man nicht ableiten, dass sie auch auseinander folgen. Oft lassen sich eher Bedingungen festmachen, die erfüllt sein müssen, damit ein bestimmtes Ereignis eintritt, aber nicht die eine , einzige Bedingung. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Erläutern Sie die Vorstellung vom zureichenden Grund Ihrer/Ihrem Sitznachbarin/ Sitznachbarn mit eigenen Worten! Ursache ist ein Gegenstand, der einem anderen voraufgeht, ihm räumlich benach- bart, und zugleich mit ihm so verbunden ist, dass die Vorstellung des einen Gegen- standes den Geist nötigt, die Vorstellung des anderen zu vollziehen, und der Ein- druck des einen ihn nötigt, eine lebhaftere Vorstellung des anderen zu vollziehen. David Hume: Traktat über die menschliche Natur, 14. Diese Vorstellung hält Hume für durchaus fragwürdig. Dinge können auch zufällig aufeinander folgen. Sein Modell einer Orientierung an einfachsten Eindrücken samt Klärung der Frage, ob diese mit unserer Erfahrung übereinstimmen, hilft hier nicht weiter. Doch ganz abgesehen davon macht Hume an dieser Stelle auf ein grundle- gendes Problem aufmerksam, nämlich auf das der übereilten Schlüsse. GrundlaGEn úú Kapitel 7.2 1 AuSFüHrunG Wirklichkeit und ihre Erkenntnis Wirklichkeit und ihre Erkenntnis 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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