Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

303 Insbesondere Christentum und Islam, aber auch einige Strömungen des Judentums verheißen ihren Anhängerinnen/Anhängern ein Überdauern des eigenen Todes. Ein Teil des menschlichen Wesens überlebe den Tod des Körpers und werde entweder später wieder erweckt oder dauere in einer anderen, jenseitigen Welt fort. Andere religiöse Lehren gehen von der Wiedergeburt (Reinkarnation) eines spezifischen Anteils des Menschen in einem anderen Körper aus. Diese Vorstellung ist meist mit der eines Lernprozesses verbunden. Der wiedergeborene Teil des Menschen kann wesenhaft gedacht sein (wie die christliche Seele), aber auch prozesshaft (eine bestimmte Struktur mentaler Abläufe und Prozesse, wie im Buddhismus). Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie die zitierte Textpassage und geben Sie Geertz’ Religionsdefinition mit eigenen Worten wieder! Ergänzen Sie Geertz’ Definition um Punkte, die Ihnen wichtig erscheinen, und diskutie­ ren Sie gemeinsam darüber! Reflektieren Sie Ihre eigenen Vorstellungen zu einem Leben nach dem Tod oder Wiedergeburt! Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie darüber! 2.2 Gott und Götter Göttinnen und Götter sind kein notwendiger Bestandteil von Religionen. In den monotheistischen Konzepten des Judentums, Christentums und Islam ist die Idee eines (und zwar eines einzigen) Gottes allerdings konstitutiv. Diese drei religiösen Richtungen haben zudem sehr umfassende Modelle zur Deutung und Erklärung des gesamten Seins entwickelt, beginnend mit einer mythischen Erzählung vom Anfang der Welt, ihrer Schöpfung aus dem Nichts durch Gott. Sie greifen aber auch in die Zukunft voraus, denn der eine Gott hat umfassende Pläne mit den Menschen. Das gesamte menschliche Dasein strebt aus dieser Sicht der Dinge nach Erlösung von Sünde , Leid und sogar vom Tod. Im Christentum ist in diesem Zusammenhang von Heilslehre oder Heilsgeschichte die Rede. Doch die Erlösung ist nicht in der Welt zu haben, sondern erst im Jenseits . Schon dadurch wird deutlich, dass es vor allem um Erlösung vom Tod geht, der nach christlichem Glaube durch Christus überwunden sei. In diesem Zusammenhang ist auch von den letzten Dingen (gr. tá éschata ) die Rede, weshalb denn die Erlösungslehre Eschatologie heißt. Der eine Gott der Bibel, der jüdischen wie der christlichen, und des Koran ist ein eifersüchtiger Gott. Er duldet keine anderen Götter neben sich – und er verlangt ein Bekenntnis . Die vielen Göttinnen und Götter der europäischen Antike, aber auch jene Ägyptens und Mesopotamiens forderten derlei nicht. Zwar galt es zum Beispiel in der griechischen Welt als wichtig, den Göttinnen und Göttern der Stadt oder Polis an Feiertagen Opfer darzubringen oder den ihnen gewidmeten Spielen bzw. Theater- stücken beizuwohnen. Offene Ablehnung dieser Praktiken konnte drastische Folgen haben. Wie wir am Beispiel von Sokrates gesehen haben, war der Vorwurf der Gottlosigkeit (Asebie) gefährlich, weil den Beschuldigten die Hinrichtung drohte. Doch ansonsten mussten die Götter keine große Rolle im Leben der Menschen spielen. Wer sich nicht weiter mit ihnen beschäftigen wollte, musste dies auch nicht tun. In den VerTieFunG 2 3 t 4 r GrundlaGen Im Judentum ist das Heiligste die Tora, die die fünf Bücher des Bundes Gottes mit dem Volk Israel umfasst, die Mose am Berg Sinai erhalten haben soll; im Bild der feierliche Einzug der ToraRolle in die neue Synagoge in Halle (Saale) am 5. Mai 2013. Mensch-Sein 1 Mensch-Sein 1 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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