Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

350 Diskriminierende Vorstellungen und Ideen lassen sich allerdings nicht per Dekret oder Gesetz aus der Welt schaffen. Nur kritisches Durchdenken kann sie auflösen und dorthin verweisen, wo sie hingehören: in die Geschichtsbücher. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Geben Sie Beispiele für Klischees der geschilderten Art! Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie die Wirkungen dieser Klischees! Begründen Sie Ihre Auffassungen! Allerdings sind die Begriffe des Instinkts und der menschlichen Natur seit einiger Zeit in Verruf geraten. Bei näherem Zusehen fällt es schwer, universale und natur- notwendige Haltungen zu entdecken. […] So sehr man auch einräumen mag, dass die Einstellung der Mutter nicht instinktbedingt ist – man glaubt immer noch, die Liebe der Mutter zu ihrem Kind sei so stark und etwas so Allgemeines, dass doch etwas Natürliches daran sein muss. Das Vokabular hat sich geändert, nicht aber die Illusionen. Élisabeth Badinter: Die Mutterliebe (4. Aufl. 1991), S. 11. In kritischer Auseinandersetzung mit einer Reihe von religiösen, anthropologischen und psychotherapeutischen Frauenbildern hat die Philosophin Élisabeth Badinter in den 1980er-Jahren sehr detailreich herausgearbeitet, dass Mutterliebe keinen Instinkt der weiblichen Natur darstellt. Vielmehr handelt es sich um etwas, das im Rahmen sozialer Normenbildung entstanden ist und sich dementsprechend im Lauf der Geschichte verändert hat. Mit dem Adjektiv natürlich lässt sich so gut wie alles behaupten und legitimieren, vor allem die Unterdrückung und Diskriminierung von Menschen. Dies geschieht insbe- sondere dort, wo soziale Normen und natürliches Verhalten miteinander verwechselt oder bewusst vermengt werden. Dies gilt nicht nur für das angeblich natürliche Verhalten von Frauen und Männern, wie es landläufigen Klischees entsprechen würde, sondern auch für das Sexualverhalten von Menschen und für viele andere Bereiche der menschlichen Existenz. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Stimmen Sie Badinters Sicht auf die Mutterliebe zu? Bilden Sie Gruppen und diskutie­ ren Sie darüber! Welche Dinge würden Sie spontan als natürlich oder unnatürlich bezeichnen? Sammeln Sie Ihre Assoziationen und diskutieren Sie gemeinsam darüber! 1 t AuSfüHrunG Élisabeth Badinter (geb. 1944) VErTiEfunG 2 t 3 r Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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