Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
351 3 Zoon politikon Menschen sind soziale und zugleich politische Wesen, sagte Aristoteles. Doch was bedeutet das genau? Wie viel Gemeinschaft braucht der Mensch, wie viel Gemeinschaft verträgt er? Weiters: Können Menschen die Gemeinschaften, in denen sie leben, mit politischen Mitteln gestalten – und wollen sie das überhaupt? 3.1 Menschen als politisch-soziale Wesen Schon bei Platon werden Menschen als politische Wesen beschrieben; damit ist zunächst gemeint, dass sie im aktiven Leben in der Polis zur höchsten Vollendung ihrer menschlichen Möglichkeiten gelangen können. Denn dort können Menschen ihre Welt in diesem Rahmen gestalten, und sie können Gesetze erlassen, an die sie als freie Menschen nur deshalb gebunden sind, weil sie ihnen selbst zugestimmt haben. Für Aristoteles ist Wirklichkeit gleichbedeutend mit den Möglichkeiten, die in einer Sache angelegt sind. Dies verbindet sich mit der Vorstellung eines Zieles, auf das hin die Entfaltung dieser Möglichkeiten erfolgen soll. Im Fall des Menschen besteht dieses Ziel darin, gut zu leben. Im Fall des Menschen erfüllt sich dieses gute Leben in der Polis . Diese sei ein von Natur aus angelegtes Gebilde und der Mensch seiner Natur nach ein Lebewesen der Polis (gr. zóon politikón ). Denn nur der Mensch verfüge über Sprache (gr. lógos ). Die Sprache aber sei dazu bestimmt, das Nützliche und das Schädliche deutlich kundzutun, und daher auch das Gerechte und das Ungerechte . Recht, Unrecht und Gerechtigkeit könnten aber nur im Rahmen einer Polis Ausdruck finden. Wer von Natur aus außerhalb politischer Gemeinwesen lebe, sei entweder mehr oder weniger als ein Mensch, genauer gesagt, also entweder ein Gott oder ein Tier, denn das sind die Vergleichsmaßstäbe, die Aristoteles für das Menschsein verwendet. Welche Funktion ein Mensch in der Polis einnimmt, ist für Aristoteles jedoch offen. So hielt er die Sklaverei für ebenso natürlich und gerecht wie die Unterdrückung von Frauen. Andere griechische Philosophen sahen die Sache ganz anders. Für Epikur etwa war das gute Leben ein solches in Zurückgezogenheit, fern von politischen Geschäften, Streitigkeiten und Intrigen. „Lebe im Verborgenen!“, soll er seinen Schülern geraten haben. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Ist es besser, sich politisch zu engagieren oder eher im Verborgenen zu leben? Was spricht für das eine, was für das andere? Überlegen Sie Ihre eigenen Positionen, bilden Sie zwei Gruppen und führen Sie eine ProundContraDiskussion! GrundlaGEn úú Kapitel 7.1 O Literaturempfehlung: Aristoteles: Politik 1253a–1254b. 1 r Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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