Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
357 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Weckt die oben zitierte Überlegung Kants Assoziationen aus Ihrem eigenen Erleben oder ist sie Ihnen völlig fremd? Notieren Sie Ihre Überlegungen! Beurteilen Sie die Idee eines universellen Plans der Natur , der hinter ökonomischen und sozialen Entwicklungen steht! Bilden Sie Gruppen und finden Sie Argumente, die für, und solche, die gegen ein solches Konzept sprechen! Begründen Sie Ihre Überle gungen und geben Sie jeweils auch Beispiele! 3.4 Bio-Macht Man mag einwenden, dass die skizzierten Ansätze zur Erklärung politischen Handelns durchwegs naiv seien. Es gehe doch, so könnte man sagen, bei Politik immer nur um eines, und zwar um Macht. Michel Foucault, ein einflussreicher Schriftsteller des späten 20. Jahrhunderts, hat in diesem Zusammenhang den Begriff Bio-Macht eingeführt. Seit Beginn der Neuzeit, so führt Foucault aus, hätten Herrscher oder ihre Verwaltungsapparate begonnen, Menschen ganz zweckrational als Objekte ihrer Planungen zu verwenden. Was einem Händler sein Warendepot war, das war einem absolutistischen Fürsten des 17. oder 18. Jahrhunderts demnach sein Bestand an Untertanen. Die Verwaltungsbeamten des Fürsten zählten sie nicht nur, indem sie penibel Steuerlisten führten, sondern auch, indem sie gezielt Almosen verteilten, den Untertanen also scheinbar Wohltaten erwiesen. Das Zählen war wichtig, nicht nur für die Steuern, sondern auch um zu wissen, wie viele Personen im Kriegsfall als Soldaten zur Verfügung standen oder bei Geldnot des Herrschers als Söldner verkauft werden konnten. Menschen in ihrer Eigenschaft als lebende Wesen waren also Faktoren in einem zweckrationalen politischen Kalkül (geworden). Deshalb spricht Foucault von Bio-Macht oder Bio-Politik . In die Zeit, um die es Foucault zunächst geht, fällt auch die Entstehung des (modernen) Staates. Um gut handhabbar zu sein, mussten die Untertanen aber nicht nur gezählt, sondern auch diszipliniert werden. Es nutzte ja nichts, 1000 Männer zu „haben“ und sie doch nicht als Soldaten einsetzen zu können, weil sie keinen Befehlen gehorchten. Gefäng- nisse, psychiatrische Anstalten und Schulen verfolgten, so Foucault, genauso wie die neuen Armeen dieser Zeit selbst, eben dieses Ziel. Damit begann für Foucault eine Entwicklung, die sich kontinuierlich bis ins 20. Jahrhundert fortsetzte. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Recherchieren Sie im Internet oder in einem Lexikon den Begriff Humanressource und setzen Sie ihn in Beziehung zum Begriff BioMacht ! Von der Vorstellung, dass der Staat seine eigene Natur und seine eigene Zielsetzung hat, hin zu der anderen Vorstellung, dass der Mensch das wahre Objekt der Staats- macht ist, sofern er eine Mehr-Stärke schafft, sofern er ein lebendes, arbeitendes, sprechendes Wesen ist, sofern er eine Gesellschaft konstituiert und sofern er zu einer Bevölkerung in einer Umwelt gehört, zeigt sich der zunehmende Einfluss des 2 3 t GrundlaGEn Michel Foucault (1926–1984) Staat vermutlich von lat. status , „Stand, Zustand“; im mittelalterlichen Latein wurde status auch im Sinne von „Haushalt“ oder „Hofhaltung“ gebraucht. 1 AuSfüHrunG Mensch-Sein 2 Mensch-Sein 2 9 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv
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