Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
359 schen Welt, in der sie lebten, anstrebten. Das war in der Französischen Revolution von 1789 so, und in den Englischen Revolutionen des 17. Jahrhunderts verhielt es sich nicht anders. Die Russische Revolution von 1917 ist ein Kapitel für sich, weil sie während eines Krieges stattfand und ohne die Unterstützung eines anderen kriegführenden Staates, des Deutschen Reiches nämlich, vermutlich keinen Erfolg gehabt hätte. So lässt sich vielleicht die These aufstellen, dass Menschen, zumindest einige von ihnen, eine gewisse Abneigung gegen ein zu hohes Maß an Fremdbestimmung hegen und auch bereit sind, hohe persönliche Risiken einzugehen, um sich dieser Fremdbe- stimmung zu entledigen. Wenn sie das tun, streben sie nach (einem gewissen Maß an) Freiheit, man könnte auch sagen, nach Emanzipation . Sie müssen dies nicht in Form von Revolutionen tun. Dass Menschen aber immer wieder so weit zu gehen bereit sind, sagt auch wieder etwas über ihre Bestrebungen und Möglichkeiten aus. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Finden Sie Beispiele für emanzipatorische Bewegungen in der Geschichte! Tauschen Sie Ihre Ergebnisse mit Ihrer/Ihrem Sitznachbarin/Sitznachbarn aus! Der Mensch ist frei geboren und überall liegt er in Ketten […]. Die allen gemein- same Freiheit ist eine Folge der Natur des Menschen. Dessen oberstes Gebot ist es, über seine Selbsterhaltung zu wachen, seine erste Sorge ist diejenige, die er sich selber schuldet […]. JeanJacques Rousseau: Vom Gesellschaftsvertrag (1762; dt. 2011), S. 5 f. Für Rousseau ist die natürliche Verfasstheit des Menschen der Zustand der Freiheit. Die Freiheit und der Wunsch nach Selbstbestimmung gehören für ihn zum Wesen des Menschen. Für viele Philosophen der Aufklärung war sie der zentrale Anknüpfungs- punkt für das Streben nach politischen Veränderungen. In den Konflikten zwischen Parlament und englischem König, die im 17. Jahrhundert ausgetragen wurden, forderten Angehörige des Parlaments vehement eine Revolu- tion. Sie gebrauchten das Wort aber im Wortsinn und meinten eine Rückkehr zu früheren, besseren Verhältnissen. Erst in der Französischen Revolution von 1789 erlangt der Begriff die Bedeutung, die er heute hat, nämlich „Umbruch, schlagartige Veränderung“. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie die zitierte Textpassage und erläutern Sie, wie Rousseau den Freiheitsdrang der Menschen begründet! Bewerten Sie den heute vorherrschenden Gebrauch des Begriffs Revolution und seinen Bezug zur Selbstbestimmung der Menschen! Diskutieren Sie gemeinsam darüber! Ist das Bemühen um Selbstbestimmung für Sie wichtig? In welchen Zusammenhän gen? Notieren Sie Ihre Überlegungen und diskutieren Sie gemeinsam darüber! Emanzipation Das Wort kommt aus dem römischen Recht; emancipatio bedeutet dort einfach „frei werden aus der (sehr umfassenden) Herrschaftsgewalt des Familienoberhauptes (pater familias) “. 1 AuSfüHrunG VErTiEfunG Revolution von lat. revolvere, „zurückrollen, zurückwäl zen“; das Wort bezeichne te im 16, Jahrhundert den Umlauf eines Himmelskör pers um die Sonne und wurde später im Sinne von „Wandel, Verände rung“ gebraucht. 2 3 t 4 r Mensch-Sein 2 Mensch-Sein 2 9 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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